Auch Bebauungspläne können nichtig sein.
16. Mai 2018 | Öffentliches Recht
Betroffene wehren sich erfolgreich gegen einen belastenden Bebauungsplan – OVG Lüneburg erklärt Bebauungsplan bereits aufgrund unzureichender Sachverhaltsermittlung für unwirksam. Fachgutachten nicht ausreichend.
Die gerichtliche Überprüfung eines die unternehmerische Entfaltung beeinträchtigenden Bebauungsplanes kann sich lohnen. So ist es mehreren Landwirten gelungen, einen Bebauungsplan durch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg im Normenkontrollverfahren für unwirksam erklären zu lassen, der ein die landwirtschaftlichen Betriebe einschränkendes Dorfgebiet vorsah.
Die Aufstellung eines wirksamen Bebauungsplanes, der vor den kritischen Augen des Oberverwaltungsgerichtes hält, ist nicht immer möglich. Im konkreten Fall wollte die Gemeinde im ländlich geprägten Raum eine Wohnbebauung in der Nähe landwirtschaftlicher Betrieb etablieren und hatte ein Dorfgebiet geplant. Die betroffenen Landwirte wären hierdurch in ihrer unternehmerischen Entwicklung eingeschränkt worden und haben den Bebauungsplan daher im Wege der Normenkontrolle angefochten. Mit Erfolg!
Das Oberverwaltungsgerichts Lüneburg hat den angegriffenen Bebauungsplan bereits wegen unzureichender Sachverhaltsermittlung für unwirksam erklärt (OVG Lüneburg, Urteil vom 10. 04. 2018, 1KN 179/15; 1KN 198/15; 1KN 67/16)
Hintergrund
Geklagt hatten Landwirte, deren Betriebsgrundstücke vor der Planung im Außenbereich lagen. Dort gelten insbesondere im Hinblick auf Geruchsemissionen großzügigere Grenzwerte als etwa in einem Dorfgebiet. Just ein solches wollte die Gemeinde dort nun festsetzen – unter Einbeziehung auch der landwirtschaftlichen Flächen. So wollte man eine Wohnbebauung ermöglichen, die schon bestehende Gemeinschaftseinrichtungen ergänzen sollte. Ein Gutachten sollte dabei klären, ob ein Dorfgebiet mit seinen Geruchsgrenzwerten an der Stelle überhaupt möglich ist, insbesondere welche Geruchsbelastung auf das geplante Dorfgebiet einwirken würde. Für die Landwirte hätte das Heranrücken von Wohnbebauung an ihre Betriebe existenzgefährdende Einschränkungen bedeutet: betriebswirtschaftlich notwendige Erweiterungen – auch noch so moderate – wären schlicht unmöglich geworden. Das Gutachten sah jedoch ein Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu den landwirtschaftlichen Betrieben als zulässig an, sodass die Gemeinde das Dorfgebiet an der Stelle festsetzte.
Abwägungsentscheidungen nur aufgrund ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung
Das Gericht befand die Sachverhaltsermittlung als unzureichend – die darauf bauende Abwägung der Interessen der Landwirte konnte demnach nicht korrekt sein. Denn die Geruchsbelastungen wurden nur für einen Teilbereich des Plangebietes ermittelt, nämlich für den, in dem die Wohnbebauung verwirklicht werden sollte. Die Gemeinde hatte es versäumt auch die Geruchsbelastung zu betrachten, die auf die schon vorhandenen Gemeinschaftseinrichtungen einwirkt. Daneben wurden auch nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe in die Begutachtung der Geruchsbelastung eingestellt. Erfasst wurden nur solche Betriebe, die in einem 600 m-Radius um die geplante Wohnbebauung lagen. Das hatte zur Folge, dass die Geruchsbelastungen eines großen Intensivtierhaltungsbetriebs mit mehreren Zehntausend Tieren nicht berücksichtigt wurde, obwohl der weit unter 600 m Entfernung an den Gemeinschaftseinrichtungen liegt – und diese ganz erheblich mit Gerüchen belasten kann.
Fazit
Als Betroffener von gemeindlichen Bauleitplanungen lohnt es sich, jeden Schritt der Planung kritisch zu verfolgen. Planungen können schon aufgrund der mangelnden Sachverhaltsermittlung durch die Gemeinde zum Scheitern verurteilt sein. Auch die Zuhilfenahme eines Fachgutachtens bedeutet nicht zwangsläufig eine korrekte Sachverhaltsermittlung – wie sich hier gezeigt hat!