Berechnung des Urlaubsentgelts bei Veränderung der Wochenarbeitstage
13. August 2018 | Arbeitsrecht
Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) in 2015 bereits seine bisherige proportionale Berechnung der Urlaubstage bei einem unterjährigen Wechsel von Voll- in Teilzeit bzw. Teil- in Vollzeit aufgegeben hat, folgt es nun auch bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes den europäischen Vorgaben. Arbeitgeber müssen daher zukünftig prüfen, wann der Arbeitnehmer seine Urlaubsansprüche erworben hat, um das genaue Entgelt zu berechnen.
Berechnung der Urlaubstage
Lange hat das BAG die arbeitgeberfreundliche Ansicht vertreten, dass ein unterjähriger Wechsel der Wochenarbeitstage dazu führt, dass die Anzahl der Urlaubstage mit dem Wechsel proportional neu zu berechnen ist. Dies führte dazu, dass ein Arbeitnehmer, der im ersten Kalenderhalbjahr in Vollzeit gearbeitet und in dieser Zeit auch einen Urlaubsanspruch erworben hat, mit dem Wechsel in Teilzeit bei weniger Wochenarbeitstagen, eine Kürzung seines Urlaubsanspruchs hinnehmen musste. Bei 30 jährlichen Urlaubstagen und einem Wechsel von Voll- in Teilzeit bei nur noch drei statt fünf regelmäßigen Wochenarbeitstagen zum 01.07. eines Jahres musste der Arbeitnehmer auf sechs Urlaubstage verzichten, die ihm bei zeitanteiliger Berücksichtigung zugestanden hätten. Da der EuGH in dieser Vorgehensweise jedoch eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten erkannte, änderte das BAG seine Rechtsprechung dahingehend, dass zukünftig der in Vollzeit erworbene Urlaubsanspruch auch nach der Wochenarbeitszeitverringerung erhalten bleiben muss. Das bedeutet, dass nunmehr genau zu errechnen ist, wie viele Urlaubstage der Arbeitnehmer während seiner Vollzeitbeschäftigung erworben hat. Zu dieser Anzahl sind die Urlaubstage zu summieren, die der Arbeitnehmer in den weiteren Monaten seiner Teilzeittätigkeit bei weniger Wochenarbeitstagen erwirbt. Wechselt ein Arbeitnehmer (30 Urlaubstage im Kalenderjahr) also zum 01.09. von fünf auf 2 Wochenarbeitstage, hat er von Januar bis August 20 Urlaubstage erworben. Für die Monate September bis Dezember erhält er weitere 4 Urlaubstage, insgesamt also 24 Urlaubstage.
Übertragung auf das Urlaubsentgelt
Nun hat der EuGH nachgelegt und auch eine tarifliche Regelung zum Urlaubsentgelt geprüft. Diese Regelung sah vor, dass das Urlaubsentgelt auf Basis der Vergütung berechnet wird, die der Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt erhält, zu der er seinen Urlaub auch beansprucht. In dem vom BAG zu entscheidenden Fall (Urteil vom 20.03.2018, AZ: 9 AZR 486/17) wechselte die Arbeitnehmerin zum 01.08.2015 von 35 auf 20 Wochenstunden verteilt auf fünf Wochentage. In der Folge trat sie ihren Urlaub an, den der Arbeitgeber anhand der ihr für 20 Wochenstunden zustehenden Vergütung ermittelte. Die Arbeitnehmerin forderte daraufhin den Differenzbetrag ein. Mit Erfolg! Tatsächlich hat die Arbeitnehmerin in der Zeit bis August 2015 einen Urlaubsanspruch erworben, der entsprechend ihrer Vergütung für 35 Wochenstunden zu bewerten war, unabhängig davon, wann sie diese Urlaubstage beansprucht. Vereinfacht gesagt ist der zu Vollzeit erworbene Urlaub mehr wert als der in Teilzeit erworbene Urlaub. Alles andere stellt nach der Wertung des EuGH eine mittelbare Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten dar. Ebenso wie bei der Frage der Urlaubstage „erarbeitet“ der Arbeitnehmer sich den Urlaubsanspruch. Während der Wechsel der Arbeitszeit bei der Anzahl der Urlaubstage nur dann relevant wird, wenn auch die Anzahl der Wochenarbeitstage verringert wird, führt jede Veränderung der Arbeitszeit zu einer Veränderung des Urlaubsentgelts nach § 11 BUrlG. Der Arbeitnehmer kann also tatsächlich in dem Monat, in dem er nicht arbeitet, sondern fernab des Büros seinen Urlaub verbringt, aufgrund dieser Neuerung eine höhere Vergütung bekommen, als er regelmäßig bekommt.
Verschärfung durch geplante Brückenteilzeit
Mit der Schaffung weiterer Teilzeittatbestände, wie der derzeit geplanten Brückenteilzeit, dürfte sich diese Frage erheblich verschärfen. Zukünftig müssen Arbeitgeber sehr genau darauf achten, ob der Arbeitnehmer noch „alte“ Urlaubstage aus der Zeit seiner Vollzeittätigkeit hat, die er in die Teilzeit einbringt.
Urlaub vor dem Wechsel einplanen
Der Einfachheit halber sollten Arbeitgeber daher darauf hinwirken, dass noch vorhandene Urlaubstage genommen werden, bevor der Arbeitnehmer seine Teilzeittätigkeit beginnt. So kann ein klarer Schnitt zwischen den Zeiträumen gezogen werden und es treten keine eigentümlichen Situationen der Mehrvergütung durch „erworbenes“ Urlaubsentgelt auf.