BGH kippt „Klarnamenpflicht“ bei Facebook

02. Februar 2022   |   IT- und Datenschutzrecht

Der BGH verneint mit seinen Urteilen vom 27.01.2022 – III ZR 3/21 und III ZR 4/21 eine Klarnamenpflicht bei Facebook. Damit müssen die von den Nutzern verwendeten Pseudonyme (vorerst) hingenommen werden.

Sachverhalt

Die Kläger unterhielten jeweils ein Nutzerkonto bei Facebook unter Verwendung eines Pseudonyms. Facebook hat die Kläger jeweils aufgefordert, zu bestätigen, dass es sich bei den jeweils gewählten pseudonymisierten Profilnamen um die tatsächlichen Namen (sog. Klarnamen) handelte. Nachdem die Kläger der Aufforderung nicht bzw. nur ungenügend nachkamen, sperrte Facebook die entsprechenden Accounts. Erst nach Änderung des jeweiligen Profilnamens wurden die Konten freigeschaltet und waren wieder aktiv. Facebook stützte sich hier auf die bestehenden Nutzungsbedingungen.

Die Kläger nahmen Facebook auf Unterlassung und Aufhebung der Sperrung erfolgreich in Anspruch.

Die Entscheidung

Die dem Verfahren III 3 ZR/21 zugrunde liegende Klausel der Nutzungsbedingungen von Facebook vom 19.04.2018, welche den Kontoinhaber verpflichtete bei der Nutzung des Netzwerks den Klarnamen zu verwenden, sei unwirksam. Facebook könne sich insoweit nicht auf diese berufen.

Der BGH hat dies damit begründet, dass eine solche Bestimmung den Kontoinhaber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Die Entscheidung wurde auf Basis des seinerzeit geltenden § 13 Abs. 6 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (unter Rückgriff auf die EU-Datenschutz-Richtlinie von 1995) getroffen, wonach der Diensteanbieter die Nutzung der Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hatte, soweit dies technisch möglich und zumutbar war. Das Anfang Dezember in Kraft getretene Telekommunikations- und Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) knüpft an diese Vorgabe nahtlos an. Die von dem BGH getroffene Abwägung zur Zumutbarkeit hat ergeben, dass im Innenverhältnis (bspw. bei der Registrierung) der Netzwerkbetreiber zwar verlangen könne, dass die Nutzer ihm gegenüber den Klarnamen angeben müssen, im Außenverhältnis dürfen Sie jedoch ein Pseudonym verwenden. Dies sei dem Netzwerkbetreiber zumutbar.

Die dem Verfahren III 4/21 zugrunde liegende Klausel der Nutzungsbedingungen von Facebook vom 30.01.2015 ist nach Auffassung des BGH ebenfalls unwirksam. Diese Bedingungen enthielten Regelungen, wonach die Nutzer ihre Klarnamen und Daten im Außenverhältnis anzugeben hatten.

Relevanz für Altfälle

Die vorgenannten Entscheidungen sind jedoch nur auf Altfälle anwendbar. Auf die besonderen Transparenzbestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kam es bei der Beurteilung der vorliegenden Fälle nicht an, weil die DSGVO zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht verbindlich galt und es für die Rechtslage auf den Zeitpunkt der Einbeziehung der jeweiligen Nutzungsbedingungen in das Vertragsverhältnis ankam. Auch wenn in der DSGVO nichts zu einer Klarnamenpflicht oder zur Verwendung von Pseudonymen geregelt ist, so ist dennoch zu erwarten, dass aus Transparenz- und Datensparsamkeitsgesichtspunkten diese Klarnamenpflicht noch einmal Fahrt aufnimmt.

Es bleibt also spannend, wie sich das Thema entwickelt und ob mit den derzeitigen Rechtsgrundlagen den Herausforderungen u.a. der Netzkriminalität begegnet werden kann.

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