Bundesarbeitsgericht zu Aufhebungsverträgen: Gebot des fairen Verhandelns

03. März 2022   |   Arbeitsrecht

Vor nun mittlerweile drei Jahren entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.02.2019 (Aktenzeichen: 6 AZR 75/18), dass ein Aufhebungsvertrag mit einem Arbeitnehmer unwirksam sein kann, wenn bei dessen Zustandekommen gegen das sog. Gebot des fairen Verhandelns verstoßen wird. Das Gericht bezeichnete das Gebot des fairen Verhandelns als eine bei der Verhandlung über den Aufhebungsvertrag zu beachtende Nebenpflicht, nahm jedoch keine nähere Konkretisierung vor. Die fehlende Konkretisierung führte in diesem Zusammenhang bei den Arbeitsgerichten zu zahlreichen, divergierenden Entscheidungen, woraus im gleichen Zuge eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstand.

Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21

In einer aktuellen Entscheidung hält das Bundesarbeitsgericht an seiner Rechtsprechung vom Gebot des fairen Verhandelns fest und konkretisiert die Voraussetzungen. Ob das Gebot des fairen Verhandelns beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages eingehalten wurde, sei grundsätzlich anhand der Gesamtumstände und der konkreten Verhandlungssituation zu bemessen.

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Die Arbeitgeberin führte im Büro des Geschäftsführers unter Anwesenheit zwei weiterer Personen ein Gespräch mit der Arbeitnehmerin. Hintergrund des Gesprächs war der Verdacht von erheblichen Pflichtverletzungen. Nachdem das Gespräch für eine etwa zehnminütigen Pause unterbrochen wurde, unterzeichnete die Arbeitnehmerin einen von der Arbeitgeberin vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser sah unter anderem eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen acht Tagen vor. Die weiteren Einzelheiten des Gesprächsverlaufs waren zwischen den Parteien streitig. Nach der Unterzeichnung ficht die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag an und berief sich auf einen Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns. Sie behauptete unter anderem, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Arbeitgeberin gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass selbst wenn die Behauptungen der Arbeitnehmerin zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden würden, ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns nicht gegeben sei, da es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung fehle. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall aufgrund des Verdachts erheblicher Pflichtverletzung sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Auch der Umstand, dass die Arbeitgeberin den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme des Angebots abhängig gemacht hat, stelle für sich genommen keine Pflichtverletzung dar, auch wenn dies dazu führe, dass der Arbeitnehmerin weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der von ihr erbetene Rechtsrat eingeholt werden kann.

Fazit

Auch wenn abgefassten Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts noch nicht veröffentlicht sind, dürfte die Entscheidung bereits jetzt zu mehr Klarheit bei Abschlüssen von Aufhebungsverträgen führen.

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