Chancen und Fallstricke bei der Rechtswahl
15. August 2019 | Internationales Recht
Die Möglichkeiten der Bestimmung des anwendbaren Rechts gerade mit ausländischen Geschäftspartnern werden häufig nicht genutzt. Dabei kann über die Rechtswahlklausel nicht nur ein für das Unternehmen vorteilhaftes Recht gewählt werden, die Vertragsparteien können auch unter den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit oder aber der Neutralität des gewählten Rechts eine für beide Seiten tragbare Lösung schaffen.
Geschäfte und Vertragsbeziehungen werden immer internationaler und schon lange kommen nicht nur multinationale Unternehmen mit ausländischem Recht in Kontakt. Dies gilt nicht nur mit Blick auf den Handel, der nach wie vor stark auf ausländische Vertriebspartner setzt, auch beim grenzüberschreitenden Anbieten von Dienstleistungen kann die Frage relevant werden. Bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften ist es dabei eher die Regel, dass ein Geschäft Bezüge zu mehreren ausländischen Rechtsordnungen aufweist und sich im Falle einer Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Geschäftspartner die Frage nach dem anwendbaren Recht stellt.
Die Bestimmung des anwendbaren Rechts kann kompliziert sein und zu unvorteilhaften Ergebnissen führen, gerade auf Verkäuferseite. Daher ist es wichtig, möglichst schon im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Weichen zu stellen und das für das Unternehmen vorteilhafte (z.B. das unterschätzte, verkäuferfreundliche und gut modifizierbare UN-Kaufrecht, das sog. CISG) bzw. das gut bekannte heimische Recht sicher zu wählen, um einem Streitfall optimal vorzusorgen. Mitunter kann es im Zuge von schwierigen Vertragsverhandlungen auch sinnvoll sein, sich für ein „neutrales“ Recht zu entscheiden, das gerade nicht der primären Rechtsordnung der beiden Verhandlungspartner entstammt, wobei neben dem CISG die Vereinbarung der UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge in Betracht gezogen werden kann.
Umfassende Parteiautonomie im Rahmen vertraglicher Schuldverhältnisse
Im Rahmen vertraglicher Schuldverhältnisse bestimmt die Rom-I-Verordnung in ihrem Art. 3, dass es Vertragsparteien grundsätzlich freisteht, bei einem Vertragsverhältnis mit Berührungspunkten zu mehreren Rechtsordnungen diejenige Rechtsordnung zu wählen, die sie für sich selber am vorteilhaftesten empfinden. Deutsche Unternehmer werden zumeist versuchen, das deutsche Recht zur Anwendung zu bringen. Die dahinterstehende Erwägung ist dabei oftmals rein praktischer Art, denn das deutsche Recht hat schlicht den Vorteil, dass sich das Unternehmen – und seine Inhouse- bzw. externen Juristen – mit dieser Rechtsordnung auskennen.
Vielfach wird allerdings von der Möglichkeit der Rechtswahl kein Gebrauch gemacht.
Gestaltung einer Rechtswahlklausel
Der Geschäftspartner, der die meiste Marktmacht besitzt, ist in aller Regel auch derjenige, der den Vertragsentwurf vorlegt. Er besitzt daher alle Möglichkeiten, eine für ihn vorteilhafte Rechtswahlklausel durchzusetzen. Die besten Überlegungen zur Frage der Rechtswahl sind allerdings vergebens, wenn es am Ende an der Durchschlagskraft der Klausel scheitert. Gerade bei der Formulierung der Rechtswahlklausel gibt es immer noch große Unsicherheiten, gängige Fehler werden immer wieder gemacht.
Bei der Rechtswahl handelt es sich streng genommen um einen vom Hauptvertrag unabhängigen, eigenständigen Vertrag. Die Rechtswahl kann sich aus den Umständen ergeben, also konkludent erfolgen – anzuraten ist allerdings die ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung des in der Sache anzuwendenden Rechts. Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Rechtswahl-klausel ist das Recht maßgebend, das nach der Rechtswahl angewendet werden soll.
Neben der vorherigen Bestimmung des zu wählenden Rechts sollte der Formulierung der Rechtswahlklausel besondere Beachtung geschenkt werden. Grundsätzlich kann einer Rechtswahl entnommen werden, dass die Parteien wünschen, dass das materielle Sachrecht der gewählten Rechtsordnung Anwendung finden soll und gerade nicht das gesamte staatliche Recht einschließlich der kollisionsrechtlichen Normen. Dies wird aber z.T. immer noch vertreten, wenn man pauschal das jeweilige Recht wählt. Hier kann es zu ungewünschten Diskussionen kommen und im schlimmsten Fall kann die Rechtswahl der Parteien dadurch unterlaufen werden, dass das Kollisionsrecht der gewählten Rechtsordnung auf das Sachrecht eines anderen Staates verweist und sodann dieses Sachrecht auf den Vertrag der Parteien anwendbar ist.
Ein Beispiel: Die bloße Vereinbarung „Es findet das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung“ ist nicht ausreichend, um in tatsächlicher Hinsicht zu einer reinen und ausschließlichen Anwendung deutschen Sachrechts zu gelangen, was eigentlich gewollt ist. Eine solche Klausel führt häufig zu der unbewussten Mitvereinbarung des nach wie vor unbeliebten UN-Kaufrechts, dem CISG. Hierbei handelt es sich um ein Regelungswerk der Vereinten Nationen zur Abwicklung grenzüberschreitender Warenkäufe, das unmittelbar in das deutsche Recht übernommen wurde. Ob es sinnvoll ist, das UN-Kaufrecht auszuschließen, ist eine Frage des Einzelfalls. Es ist jedoch gerade für Verkäufer sehr interessant, bietet es doch zahlreiche Erleichterungen. Auch ist es möglich, den weitgehenden Anspruch des Käufers auf Schadensersatz einzuschränken. Möchte man jedoch das UN-Kaufrecht ausschließen, was insbesondere Käufern regelmäßig zu raten ist, muss dies ausdrücklich in der Rechtswahlklausel formuliert werden.
Wir beraten Sie gerne bei Fragen zu dem im Einzelfall anwendbaren Recht und den Möglichkeiten bei der vorsorglichen Wahl desselben.