Corona XXIV: Liquiditätssicherung und Liquiditätsplanung in Zeiten der Corona-Krise
04. April 2020 | Mittelstandsberatung, Sanierung und Insolvenz
Nahezu sämtliche Branchen der deutschen Volkswirtschaft verzeichnen derzeit signifikante Umsatzrückgänge. Laufende Kosten (Miete, Löhne und Gehälter, Zinsen etc.) können hingegen kaum oder häufig nur zeitverzögert reduziert werden. Eine Entspannung der momentanen Situation ist trotz umfangreicher politischer Hilfestellungen derzeit nicht in Sicht.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für viele Unternehmen enorme finanzielle Herausforderungen. Eine seriöse Liquiditätsplanung und Sofortmaßnahmen zur Liquiditätssicherung können den Fortbestand eines Unternehmens sichern. Ziel muss es sein, dass Unternehmen nicht unverschuldet in die Insolvenz abrutschen.
Aus der Liquiditätssicherung als existenzielle Handlungsmaxime lassen sich diverse Handlungsempfehlungen ableiten.
1. Debitoren- und Kreditorenmanagement
Ziel eines aktiven Forderungsmanagements muss es sein, den Zufluss von Zahlungsmitteln zu beschleunigen. Elementare Maßnahmen sind die Einforderung endfälliger Forderungen, ein effizientes Mahnwesen und die Gewährung branchenüblicher Skonti.
Der Verkauf von Forderungen im Rahmen von Factoring (Gattungskauf) oder Forfaitierung (Spezieskauf) bietet darüber hinaus die Möglichkeit, vereinbarte Zahlungsziele deutlich zu reduzieren. Allerdings entstehen hierdurch weitere Kosten (Gebühren, Zinsen u.a.). Die Kosten liegen in Abhängigkeit von der Bonität und dem Handelsvolumen des Factoringnehmers im Skontobereich und dürften 5,00 % des Bruttoumsatzes grundsätzlich nicht übersteigen. Ein Anstieg der Gebühren und Zinssätze konnte im Zuge der Krise bisher nicht festgestellt werden.
Die Inanspruchnahme von Zahlungszielen der Lieferanten führt zu einem verzögerten Liquiditätsabfluss im eigenen Unternehmen. Allerdings können auf diese Weise Rabatte auf den Rechnungsbetrag (Skonto) nicht in Anspruch genommen werden. Ein Skonto stellt im Ergebnis einen „Kundenkredit“ dar. Wird der Skonto nicht gezogen, entstehen somit ebenfalls „Zinskosten“. Die Ausweitung der Kontokorrentlinie durch die Hausbank und frühzeitige Zahlung des Rechnungsbetrags ist daher im Regelfall die deutlich zinsgünstigere Alternative.
2. Kosten senken
In Abhängigkeit des eigenen Auftragsvolumens und im Rahmen gesetzlicher bzw. vertraglicher Rücktrittsrechte sollten überschüssige Bestellungen storniert werden. Es bietet sich zudem an, Marketingausgaben zu reduzieren und/ oder zeitlich zu verschieben. Weitere Kosten (Büroausstattung, Mitarbeiterschulungen, Reisen etc.) sollten ebenfalls auf das Nötigste beschränkt werden.
Auch unpopuläre Maßnahmen wie die Beendigung von Arbeitsverhältnissen (Leiharbeit, Zeitarbeit, befristete Arbeitsverhältnisse) oder unbezahlter Urlaub (in Absprache mit den Arbeitnehmern) können in der momentanen Krisensituation in Betracht kommen.
Des Weiteren erläutern wir in einem ergänzenden Blogeintrag, wie sich der Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Liquidität eines Unternehmens auswirken kann (https://www.ksb-intax.de/blog/coronaxxv-liquiditaetssicherung-liquiditaetsplanung-corona-krise-unterstuetzungsmassnahmen-politik/
3. Investitionspolitik
Die für den laufenden Betrieb nicht notwendigen Investitionen sollten unverzüglich gestoppt werden. Lassen sich bestimmte Investitionen nicht verschieben, kann durch Leasing der geplanten Neuanschaffungen der unmittelbare Abfluss von Zahlungsmitteln reduziert werden. Kleine und mittlere Unternehmen (Jahresumsatz von bis zu € 500 Mio.) sowie Freiberufler profitieren in diesem Zusammenhang von Leasingkonditionen, die durch die KfW gefördert werden.
Durch den Verkauf und anschließendes Leasing von Anlagen und Maschinen (Sale-and-Leaseback) kann die Liquiditätsausstattung darüber hinaus kurzfristig verbessert werden.
4. Finanzielle Stresstests
Der Bestand an finanziellen Mitteln sollte fortlaufend überwacht werden. Vor dem Hintergrund der vorherrschenden Unsicherheit bietet es sich zudem an, diverse Szenarien hinsichtlich des zukünftigen Liquiditätsbedarfs „durchzuspielen“. Auf diese Weise können Unternehmen schnell und effizient auf sich verändernde Gegebenheiten reagieren.
5. Krise als Chance
Sämtliche Maßnahmen sollten vorausschauend und im Rahmen einer offenen Kommunikation mit den Kunden und Lieferanten erfolgen. Die Corona-Krise stellt für viele Unternehmen eine existenzielle Bedrohung dar, bietet aber zugleich die Chance, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und die Beziehung zu wichtigen Kunden und Lieferanten zu stärken.
Die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Finanzkrise haben zudem gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, eine Krise für eine organisatorische Neuausrichtung und erforderliche Strategieanpassungen zu nutzen.
Autoren dieses Beitrags sind Frederik Brandes, Steuerberater und Frank Deppenkemper, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater.
Bei rechtlichen Fragen rund um diese Themen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. KSB INTAX ist der Ansprechpartner für den Mittelstand in Niedersachsen. Wir unterstützen Sie gerne.