Digitaler Nachlass 4.0 / Ordnung oder „lost in space“?

24. Oktober 2018   |   Erbrecht

Die menschliche Kommunikation wird digital. Online-Banking, Streaming-Dienste, soziale Netzwerke oder digitale Geldanlagen sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Was geschieht mit den Accounts, wenn der Nutzer verstirbt? Was ist mit online geschlossenen Verträgen, die über den Tod hinaus Bestand haben?

Rechtsklarheit durch den BGH

Der BGH hat im Sommer über den Umgang mit dem digitalen Nachlass eine wesentliche Entscheidung getroffen. Die Eltern einer verstorbenen Schülerin wollten den Facebook-Account des Mädchens einsehen, was Facebook zunächst verweigert und zudem das Nutzerkonto in den sog. „Gedenkzustand“ versetzt hatte. Das war rechtswidrig.

Mit dem Erbfall gehen grundsätzlich alle Rechtspositionen des Erblassers auf den Erben über (§ 1922 BGB). Dabei handelt es sich nicht nur um das Eigentum an Computern und Smartphones, an der Software und den Vertragsbeziehungen zu Providern, sondern auch um alle auf Datenträgern gespeicherte Daten. Das können geschäftliche oder private Daten sein, aber auch vermögensmäßig relevante Daten wie virtuelle Konten, wie etwa bei Paypal oder Kryptowährungen wie Bitcoin.

Abwicklung digitaler Nachlässe

Den digitalen Nachlass zu ignorieren, ist keine gute Idee. Nutzerkonten sind aufzulösen, Onlineverträge zu kündigen, und Missbrauch durch Dritte muss vermieden werden. Die Pflichten gehen auf den Erben über. Dieser muss das ersteigerte Motorrad abnehmen, Abonnements kündigen oder auch online gebuchte Reisen stornieren.

  1. Zwei Fragen stellen sich:

  2. Wo war die Verstorbene „online“?

Wie bekomme ich Zugriff auf das Nutzerkonto?

In der analogen Welt wird der Brief geöffnet, das Tagebuch gelesen. Im Internet geht ohne Passwort und Zugangsdaten wie Email-Konto und Nutzername nichts. Aktuell gibt es noch unterschiedliche Regelungen bei den sozialen Netzwerken wie Kontolöschung oder Gedenkzustand bei Facebook, Deaktivierung bei Twitter oder den Kontoinaktivitätsmanager bei Google.

Praxistipp und Fazit

Angesichts der immer noch hohen Rechtsunsicherheit ist zu empfehlen, den digitalen Nachlass zu ordnen:

  1. Schon zu Lebzeiten eine Liste mit allen Benutzerkonten und Passwörtern für sich selbst anlegen, die an einem geschützten Ort hinterlegt wird. Diese Liste kann dann einer Vertrauensperson so benannt und zur Verfügung gestellt werden, dass diese in der Lage ist zu handeln. Neben dieser Verschriftlichung bietet sich auch ein Passwort-Safe an, den man als App herunterladen und durch ein Master-Passwort schützen kann.
  2. Eine vergleichbare Bestimmung kann auch in Vorsorgevollmachten aufgenommen wer-den. Wer sich zu Lebzeiten auch um seinen digitalen Nachlass kümmert, sichert seine ei-genen Wünsche ab und erspart den Erben sehr viel Ärger.
  3. Zusätzlich sollte in einem Testament niedergelegt werden, welche Konten auf Wunsch des Erblassers gelöscht werden sollen.