EuGH: Amazon haftet für Markenrechtsverletzungen durch Drittanbieter
30. Januar 2023 | Marken- und Wettbewerbsrecht
Amazon muss eine Niederlage im Rechtsstreit mit dem Luxusschuhdesigner Christian Louboutin hinnehmen (EuGH, Urteil vom 22.12.2022 – C-148/21, C-184/21). Nach Auffassung des EuGH haftet Amazon unter bestimmten Voraussetzungen für Markenrechtsverletzungen durch Dritte. Der EuGH nahm Amazon damit in einem Grundsatzurteil in die Verantwortung. Den „Schuh“ der Markenrechtsverletzung durch Drittanbieter auf der eigenen Plattform muss sich Amazon damit nun selbst anziehen.
Worum ging es?
Christian Louboutin ist ein bekannter Luxusschuhdesigner und insbesondere bekannt geworden für die berühmten, hochhackigen Pumps mit der ikonischen roten Sohle. Die rote Farbe der Außensohle hat der Designer unter anderem in der Europäischen Union als geschützte Marke eintragen lassen. Dritte dürfen diese – oder eine verwechselnd ähnliche – also nur mit ausdrücklicher Zustimmung vom Markeninhaber im geschäftlichen Verkehr nutzen. Auf dem Online-Marktplatz von Amazon werden jedoch regelmäßig Angebote von Drittanbietern gezeigt, welche sich auf Schuhe mit roten Sohlen beziehen.
Christian Louboutin sah dadurch seine Markenrechte verletzt. Es liege keine Zustimmung seinerseits vor, dass Amazon Zeichen benutzen dürfe, die mit seiner eingetragenen Unionsmarke identisch oder zumindest zum Verwechseln ähnlich sind.
In der Folge klagte der französische Schuhdesigner gegen Amazon.
Die Problemstellung
Auf dem eigenen Online-Marktplatz trat Amazon sowohl als Einzelhändler als auch als Betreiber auf. Es wurden nicht nur eigene Anzeigen für eigene Produkte auf der Website veröffentlicht, sondern auch Anzeigen von Drittanbietern. Zu klären galt also, ob Amazon sogar selbst in die Haftung genommen werden könne, wenn Drittanbieter Markenrechte im Zusammenhang mit ihrer Handelstätigkeit auf dem Online-Marktplatz von Amazon verletzen würden.
Entscheidung des EuGH: Amazon haftet auch für Anzeigen Dritter
Der EuGH urteilte nun, dass Amazon für Markenrechtsverletzungen von Drittanbietern unter bestimmten Voraussetzungen haften müsse.
Hierbei sei die Art und Weise, in der die Anzeigen auf der Plattform präsentiert werden, sowie die Art und der Umfang der von dem Betreiber (Amazon) erbrachten Dienstleistungen im Einzelfall besonders zu würdigen.
Im vorliegenden Fall vermittelte Amazon den Nutzern der Plattform den Eindruck, dass in Amazons Namen und auf dessen Rechnung Schuhe mit der roten Sohle verkauft würden. Damit könne der Nutzer nach der Rechtsprechung des EuGH davon ausgehen, dass Amazon das eingetragene Zeichen von Louboutin selbst nutzen würde.
Dieses Ergebnis resultiere daraus, dass Amazon einheitlich Anzeigen von sich als auch von Drittanbietern auf der Plattform darstelle und zudem sein eigenes Händlerlogo auch auf den Drittanbieteranzeigen ausweise. Des Weiteren lagerte und verschickte Amazon die Schuhe als Dienstleistung für die Drittanbieter. Ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Nutzer musste daher den Eindruck gewinnen, dass Amazon derjenige sei, der im eigenen Namen und für eigene Rechnung auch die von Dritten zum Verkauf angebotenen Waren vertreibe.
Auswirkungen für Unternehmen
Aus dem vorstehenden Urteil des EuGH lässt sich nun der Grundsatz ableiten, wonach Markeninhaber nicht nur gegen einzelne Händler, sondern nun auch gegen Marktplatzbetreiber vorgehen können. Das bedeutet, dass Marktplatzbetreiber dann für Markenrechtsverletzungen durch Drittanbieter auf ihrer Plattform haften, wenn Nutzer in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles den Eindruck gewinnen, dass der Marktplatzbetreiber derjenige ist, der die mit dem eingetragenen Zeichen versehenen Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreibt.
Damit ist im Einzelfall festzustellen, ob eine Anzeige auf der Website des Marktplatzbetreibers geeignet ist, eine Verbindung zwischen den von dem Betreiber angebotenen Dienstleistungen und dem fraglichen eingetragenen Zeichen herzustellen.
Für Online-Markplatzinhaber kann das bedeuten, dass Markeninhaber nun vermehrt auch gegen sie und nicht nur gegen den einzelnen Händler vorgehen. Der Marktplatzinhaber kann in einem solchen Fall unter Umständen jedoch die dadurch entstandenen Kosten beim jeweiligen Händler geltend machen.
Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass ein zulässiges Angebot im Internet von verschiedenen Faktoren abhängt und bereits Nuancen über eine mögliche Haftung entscheiden. Haben Sie hierzu Fragen? Wir unterstützen Sie gerne!