Informations- und Wartepflicht – jetzt auch bei der Unterschwellenvergabe!
Das Problem:
Gesetzlich geregelt ist eine Informations- und Wartepflicht nur im Bereich der Oberschwellenvergabe. Dort ist auch bestimmt, dass ein Vertrag nichtig ist, der unter Verstoß dieser Pflichten geschlossen wurde. Unterlegene Bieter haben oberhalb der Schwellenwerte (derzeit 5.548.000 Euro bei Bauvergaben, 221.000 Euro bei Dienstleistungsaufträgen) die Möglichkeit, die Unwirksamkeit des Vertrages feststellen zu lassen.
Bei Vergaben unterhalb dieser Schwellen gibt es diese Pflichten nicht. Daraus ergab sich für die unterlegenen Bieter ein Problem: werden sie nicht über den Ausgang des Vergabeverfahrens informiert, haben sie keine Möglichkeit die Rechtmäßigkeit der Vergabe prüfen zu lassen. Ein einmal wirksam geschlossener Vertrag mit einem Konkurrenten ist nicht mehr angreifbar und ohne Ankündigung der Vergabestelle, mit einem anderen Bieter kontrahieren zu wollen, hat der unterlegene Bieter in der Regel keine Möglichkeit die Vergabe zu verhindern.
Die Lösung des OLG Düsseldorf:
Diese Rechtsschutzlücke will das OLG Düsseldorf schließen. Im ersten Schritt stellt es fest, dass es ein „ungeschriebenes Gesetzes“ gäbe, das eine Informations- und Wartepflicht auch im Unterschwellenbereich enthält. Um dieser Pflicht Geltung zu verschaffen, wird ein Verstoß nun mit der schärfsten Folge sanktioniert: der Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages! Unterlässt die Vergabestelle nun die Information an die unterlegenen Bieter können die auch nach Vertragsschluss gegen die Vergabe vorgehen und per einstweiliger Verfügung den Stopp der Auftragsausführung erzwingen: der Vertrag ist nun gar nicht wirksam geschlossen worden.
Nunmehr erhöhte Anforderungen bei Unterschwellenvergaben
Aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 13.12.2018, 27 U 25/17) lassen sich vier Leitsätze ableiten, nach denen sich die Anforderungen im Unterschwellenbereich richten:
- Auch unterhalb der Schwellenwerte hat die Vergabe in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu erfolgen.
- Bei Verstößen steht dem Bieter der Zivilrechtsweg offen, um im Wege einer einstweiligen Verfügung ein Zuschlagsverbot erwirken zu können.
- Ist der Zuschlag bereits erteilt, kann der Primärrechtsschutz zwar nicht mehr erreicht werden, es sei denn der Vertrag ist nichtig.
- NEU: Ein unter Verstoß gegen Informations- und Wartepflichten geschlossener Vertrag ist als nichtig einzustufen.
Mit dem vierten Aspekt betritt der Senat rechtliches Neuland. Er stellt klar, dass Vergaben unter Verletzung der Wartefristen generell nichtig sind. Zwischen der Unterrichtung abgelehnter Bieter und der Unterzeichnung des Vertrages muss eine angemessene Frist liegen. Wie lang die Frist sein muss, um angemessen zu sein, hat er nicht geklärt. Insoweit empfiehlt sich eine Orientierung an § 134 GWB, der für die Oberschwellenvergabe eine unverzügliche Information an die unterlegenen Bieter vorschreibt und eine 15-tägige Wartefrist.