Keine Einigkeit beim BGH hinsichtlich fiktiver Schadensberechnung
Entscheidung des VI. Senats (AZ. VI ZR 396/18)
Der VI. Senat bestätigte die – auch sonst vertretene – Meinung des BGH, wonach der Geschädigte frei in seiner sog. Dispositionsfreiheit ist. Er könne selbst entscheiden, ob er die beschädigte Sache reparieren lässt. Der Geschädigte kann den ihm entstandenen Schaden fiktiv abrechnen und muss den Schaden nicht beseitigen lassen.
In seiner neuen Entscheidung stellt der VI. Senat außerdem klar, dass der Schadensersatz durch Schätzung (auf der Grundlage etwa eines Kostenvoranschlags) zu bestimmen ist. Eine bestehende Unsicherheit liege dann in der Natur der Sache. Einzelne Positionen fallen – so der VI. Senat – aber nicht deswegen aus der Berechnung des fiktiven Schadensersatzes heraus, weil deren Erforderlichkeit nicht mit absoluter Gewissheit bejaht werden kann. Für die Berechnung auch solcher Positionen genüge eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“.
Entscheidung des VII. Senats (AZ. VII ZR 46/17)
Der für das Werkvertragsrecht (Bauverträge) zuständige Senat hatte sich hingegen von seiner bisherigen, mit den übrigen Senaten übereinstimmenden Rechtsprechung abgewandt und sich klar gegen eine fiktive Schadensberechnung bei Werkverträgen ausgesprochen. Aus seiner Sicht sei dies gerechtfertigt, da im Werkvertragsrecht ein sog. Kostenvorschussanspruch zur Verfügung stehe und im Übrigen (etwa gegenüber Architekten) ein zweckgebundener Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden könne.
Ausstehende Entscheidung des V. Senats (AZ. V ZR 33/19)
Auch der V. Senat (zuständig für Immobilienkäufe) hat ebenso wie der VIII. Senat (zuständig für Kaufrecht) bislang die fiktive Schadensberechnung bejaht. Aufgrund eines nun zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalts hat der V. Senat nun eine Anfrage an den VII. Senat gerichtet. Dieser solle Stellung nehmen zu der Frage, ob er an seiner Entscheidung vom 22.02.2018 festhalte und damit bei Werkverträgen nicht mehr von einer fiktiven Schadensberechnung ausgegangen werden dürfe. Eine Antwort steht aus.
Die Entscheidung des VI. Senats lässt erahnen, dass der BGH im Übrigen an seiner Rechtsprechung zur fiktiven Schadensberechnung festhält. Nur für den Bereich des Werkvertragsrechts scheint dies Vergangenheit, sofern sich der VII. Senat nicht anders äußern wird. Dort stehen allerdings ein Kostenvorschussanspruch oder auch ein zweckgebundener Schadensersatzanspruch zur Verfügung, die zum selben Ziel führen.
Bei rechtlichen Fragen rund um diese Themen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. KSB INTAX ist der Ansprechpartner für den Mittelstand in Norddeutschland. Wir unterstützen Sie gerne.