Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) – Update Mai 2024!
22. Mai 2024 | Vertriebsrecht
In unserem Blogbeitrag vom 16.11.2022 haben wir einen Ausblick auf eine mögliche Verschärfung des LkSG durch die Umsetzung des Vorschlages einer europäischen Richtlinie gegeben.
Nunmehr hat das Europäische Parlament am 24.04.2024 dem Richtlinie-Vorschlag zugestimmt. Nach Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union, ist diese innerhalb von zwei Jahren in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedsstaaten umzusetzen. In Deutschland wird dieses voraussichtlich durch eine Änderung des LkSG vorgenommen werden.
In diesem Update möchten wir einen Ausblick auf mögliche Veränderungen des LkSG durch die Umsetzung des Vorschlages der europäischen Richtlinie geben.
Erweiterung von Schutzgegenstand und Zielen
Grundsätzlich dienen sowohl das LkSG als auch der RL-Vorschlag dem Schutz der Menschenrechte und dem Umweltschutz. Der RL-Vorschlag weist jedoch ausdrücklich auch die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C gemäß dem Übereinkommen von Paris als Ziel aus und sieht eine Haftung für Verstöße gegen die in der Richtlinie genannten Pflichten vor.
Veränderungen des Adressatenkreises
Während das LkSG derzeit für Unternehmen gilt, die mehr als 1.000 Arbeitnehmern im Inland beschäftigen (ins Ausland entsandte Arbeitnehmer sind miterfasst), bezieht sich die Richtlinie auf Unternehmen, die
- mehr als 5.000 Beschäftigte haben und weltweit einen Nettoumsatz von mehr als 1,5 Milliarden EUR erzielen (gilt voraussichtlich ab 2027).
- mehr als 3.000 Beschäftigte haben und weltweit einen Nettoumsatz von mehr als 900 Millionen EUR erzielen (gilt voraussichtlich ab 2028).
- mehr als 1.000 Beschäftigte und weltweiten einen Nettoumsatz von mehr als 450 Millionen EUR erzielen (gilt voraussichtlich ab 2029).
Es gelten zudem besondere Bestimmungen für Muttergesellschaften einer Gruppe, sofern einzelnen Unternehmen die vorgenannten Schwellenwerte nicht erreichen und für solche Unternehmen, die nach dem Recht eines Drittlandes gegründet wurden und beispielsweise mehr als 450 Millionen EUR Nettoumsatz in der Union erzielen.
Erweiterung der Sorgfaltspflichten
Neben der Einführung von Risikomanagementsystemen ist nun die „Leistung von Abhilfe für tatsächliche negative Auswirkungen“, die „sinnvolle Einbeziehung von Interessenträgern“ sowie die „Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Meldemechanismus und Beschwerdeverfahrens“ sicherzustellen (s. Art. 5 Abs. 1 d)-f) RL-Vorschlag).
Ausweitung der Reichweite der Lieferkette („Aktivitätskette“)
Während das LkSG zunächst die unmittelbaren Zulieferer einbezieht und die mittelbaren Zulieferer nur, wenn „tatsächliche Anhaltspukte für mögliche Verletzungen menschenrechts- oder umweltbezogener Pflichten“ vorliegen (s. § 9 Abs. 3 des LkSG), sieht der RL-Vorschlag vor, dass die Geschäftstätigkeiten des eigenen Unternehmens, der Tochterunternehmen sowie der Geschäftspartner in der „Aktivitätskette“ einbezogen sind. „Aktivitätskette“ umfasst dabei die „Tätigkeiten der vor- und nachgelagerten – sowohl direkten als auch indirekten - Geschäftspartner“:
- „Tätigkeiten der vorgelagerten Geschäftspartner (…) im Zusammenhang mit der Produktion von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch dieses Unternehmen, einschließlich der Entwicklung, Gewinnung, Beschaffung, Herstellung, Beförderung, Lagerung und Lieferung von Rohstoffen, Produkten oder Teilen von Produkten und der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung“ (Art. 3 Abs. 1 g) RL-Vorschlag).
- „Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner (…) im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung eines Produkts dieses Unternehmens, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens ausüben“ (Art. 3 Abs. 1 g) RL-Vorschlag).
Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens und Meldemechanismus
Von den Unternehmen ist ein Beschwerdeverfahren einzurichten und so auszugestalten, dass die Meldungen und Beschwerden vertraulich oder anonym abgegeben werden können. Die Verfahren sollen allen Personen und Stellen offenstehen, die „berechtigte Bedenken hinsichtlich tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen der Tätigkeiten des Unternehmens, der Tochterunternehmen oder der Geschäftspartner in der Aktivitätskette“ (s. Art. 14 Abs. 1 RL-Vorschlag) haben.
Bevollmächtigte zu ernennen
Den zuständigen Behörden ist zur effektiven Durchsetzung der Richtlinie und Beaufsichtigung der Vorgaben aus der Richtlinie ein Bevollmächtigter für das Unternehmen zu nennen.
Haftungserweiterung
Die Richtlinie sieht eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen bei Verstößen gegen Art. 10 und Art. 11 des Richtlinienvorschlages vor. Sofern danach den Verpflichtungen und Vorgaben zur „Verhinderung potenzieller negativer Auswirkungen“ (Art. 10 RL-Vorschlag) oder der „Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen“ (Art. 11 RL-Vorschlag) nicht nachgekommen wird, sind daraus entstandene Schäden natürlichen und juristischen Personen gegenüber vollständig zu ersetzen.