Mindestlohn - Was zählt und was zählt nicht?
Seit dem 01.01.2015 gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG), das einen verbindlichen Mindestlohn von nunmehr 8,84 € brutto (8,50 € brutto bis zum 31.12.2016) pro geleisteter Arbeitsstunde regelt. Da der Gesetzgeber jedoch offen gelassen hat, welche Entgeltbestandteile bei der Berechnung des Mindestlohns berücksichtigt werden dürfen und welche nicht, hat diese Frage zuletzt immer wieder die deutschen Gerichte beschäftigt.

BAG: Lohnbestandteile im Austauschverhältnis
Nun hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.12.2016, 5 AZR 374/16) unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des EuGH in Auslegung der Entsende-RL (insbesondere Sähköalojen ammattiliitto – C-396/13) klargestellt, dass bei der Berechnung des Mindestlohns nach dem MiLoG alle zwingend und transparent geregelten Leistungen des Arbeitgebers, die für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt werden, zu berücksichtigen sind. Damit fallen insbesondere solche Leistungen aus der Berechnung, die aufgrund von besonderen gesetzlichen Zweckbestimmungen gezahlt werden bzw. die ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt werden.
Zweck des Mindestlohns
Das Bundesarbeitsgericht begründet dies mit dem Zweck des Mindestlohns, nach dem jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen gewährleistet sein muss. Tageszeiten, Umstände oder auch die Qualität der Arbeitsleistung müssen somit bei der Berechnung des Mindestlohns außer Betracht bleiben.
Was bedeutet das konkret?
Konkret dürfen danach neben dem monatlichen Grundentgelt insbesondere Wechselschichtzuschläge, Zuschläge für Bereitschaftszeiten, (unwiderruflich und vorbehaltslos gezahlte) Leistungsprämien und sonstige Sonderzahlungen, soweit sie leistungsorientiert oder monatlich gezahlt werden, bei der Berechnung des Mindestlohns berücksichtigt werden. Keine Bestandteile des Mindestlohns sind dagegen Nachtschichtzuschläge, vermögenswirksame Leistungen, Essenszuschläge oder Übernachtungskosten.
Hinweise für die Praxis
Zu berechnen ist der Mindestlohn anhand der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit im jeweiligen Kalendermonat, nicht der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Auch während Urlaubszeiten sowie Zeiten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. an Feiertagen ist der Mindestlohn zu gewähren.
Bei der Entsendung von Arbeitnehmern ist darüber hinaus zu beachten, dass die Bestandteile des Mindestlohns nach den Regelungen des Aufnahmestaates zu berechnen sind, nicht des Entsendestaates. Alle im Aufnahmestaat geltenden zwingenden und transparenten Regelungen zu den Bestandteilen des Mindestlohns dürfen bzw. müssen bei der Entgeltzahlung berücksichtigt werden. Dies gilt unabhängig davon, nach welchem Recht der Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Unterschreitet die monatlich gezahlte Vergütung den Mindestlohn, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung. Dieser Anspruch kann auch nicht durch vertragliche Ausschlussfristen abbedungen werden, sondern unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist.
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