KSB-Team im Gespräch

Preissteigerungen im Vergaberecht- Was tun?

28. Juni 2021   |   Vergaberecht

Deutschland ist im Ausnahmezustand. Die massiven Beschränkungen des öffentlichen Lebens, eine fast zum Stillstand gekommene Reisetätigkeit und die massive Reduzierung des Geschäftsbetriebs vieler Unternehmen haben unvorhergesehene Auswirkungen auf die öffentliche Beschaffung und laufende oder beginnende Vergabeverfahren. Insbesondere herrscht derzeit eine Baustoffpreisexplosion (z.B. bei Stahl, Holz wie auch Dämmstoffen) die sowohl von den Bietern als auch von der öffentlichen Hand unausweichlich zu beachten ist. Doch wie können die Bieter bzw. die öffentliche Hand in dem strengen Vergaberegime überhaupt reagieren?

1. Beschränkte Reaktionsmöglichkeit des Bieters

Bei öffentlichen Aufträgen können die Bieter von sich aus leider keine zeitliche Preisbindung oder eine Materialpreissteigerungen geltend machen und/oder eine Preisgleitklausel vorgeben. Das wäre eine unzulässige Veränderung der Vergabebedingungen, die die auftragvergebende Stelle mit einem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren quittieren würde. Preisangaben dürfen auch nicht nachträglich unterbreitet oder widersprüchliche Preise nachträglich aufgeklärt werden. Bei Preisangaben handelt es sich um zwingende Angaben, die nicht nachgeholt werden können. Eine nachträgliche Abfrage wesentlicher Preisangaben ist im Vergaberecht (zumindest beim offen und nicht offen Verfahren) nicht erfasst (§ 15 Abs. 5 S. 1 VgV oder § 15 Abs. 3 EU-VOB/A). Mithin sind die Bieter an die Vergabeunterlagen und die dort getroffenen Regelungen gebunden. Lediglich die öffentliche Hand kann von sich aus aktiv werden. Den Bieter bleibt also nur die Möglichkeit mit Bieterfragen (d.h. über Kommunikation) darauf hinzuwirken, dass der öffentliche Auftraggeber aktiv wird.

2.  Weitergehende Reaktionsmöglichkeiten der öffentlichen Hand; allerdings abhängig vom Stadium des Vergabeverfahrens

Das Vergabehandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes (VHB) stellt mit dem Formblatt „Stoffpreisgleitklausel“ ein Instrument zur Verfügung, mit dem auf volatile Preissteigerungen durch die öffentliche Hand reagiert werden kann. Wie die öffentliche Hand mit dem Formblatt 225 konkret agieren kann, hängt ferner stark davon ab, in welchem Stadium sich das Vergabeverfahren befindet. Unterschieden wird insoweit zwischen

  • neuen Vergabeverfahren,
  • laufenden Vergabeverfahren und
  • bestehenden Verträgen

Im Einzelnen:

Neue Vergabeverfahren

Entsprechend der Richtlinie zum Formblatt 225 VHB ist vor Einleitung der Vergabeverfahren zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln vorliegen. Hierbei sind die vom Statistischen Bundesamt erfassten und veröffentlichten Indizes der entsprechenden Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Fachserie 17, Reihe 2) einzubeziehen. Insbesondere Sprünge von mehreren Indexpunkten pro Monat sind ein Indiz eines mit der Vereinbarung fester Preise einhergehenden, besonders hohen Wagnisses der Bieter, das die Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln nahelegt.

Ist im Ergebnis der Prüfung eine Stoffpreisgleitklausel zu vereinbaren, sind im Formblatt 225 alle Stoffe, die der Preisgleitung unterworfen werden sollen, mit ihren Ordnungsziffern (LV-Positionen), der entsprechenden GP-Nummer, einem Basiswert 1 inkl. Zeitpunkt seiner Ermittlung und der jeweilige Abrechnungszeitpunkt einzutragen. Das Formblatt ist den Vergabeunterlagen beizufügen.

Laufende Vergabeverfahren

Soweit Vergabeverfahren bereits eingeleitet sind, kann/können die Stoffpreisgleitklausel nachträglich einbezogen und/oder die Ausführungsfristen an die aktuelle Situation angepasst werden, wenn die (Er)Öffnung der Angebote noch nicht erfolgt ist. Die Angebotsfrist ist ggf. zu verlängern. Bieteranfragen zur Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel sind zu prüfen und soweit mit den Vorgaben des VHB vereinbar, zu genehmigen. Ablehnende Entscheidungen sind im Vergabevermerk zu begründen.

Ist die Angebots(er)öffnung bereits erfolgt, ist zu prüfen, ob zur Sicherstellung des Wettbewerbs und zur Vermeidung von Streitigkeiten bei der Bauausführung die Rückversetzung in den Stand vor Angebotsabgabe in Frage kommt, um Stoffpreisgleitklauseln einbeziehen und/oder Ausführungsfristen verlängern zu können. Dies kann in Einzelfällen angezeigt sein, wenn einzelne Baustoffe einen entscheidenden Einfluss auf die Durchführung der Baumaßnahme haben. Hierbei sind alle Rahmenbedingungen abzuwägen und der Entscheidungsprozess ist zu dokumentieren.

Bestehende Verträge

Bestehende Verträge sind einzuhalten; eine Anpassung kommt nur in besonders begründeten Ausnahmefällen in Betracht (vgl. hierzu § 58 BHO und der dazu ergangenen VV–BHO).

Ein Rechtsanspruch auf Änderung oder Aufhebung des Vertrages könnte dem Auftragnehmer aufgrund der „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 Abs. 1 BGB) zustehen. Das ist nur dann der Fall, wenn das Festhalten am Vertrag in seiner ursprünglichen Form für den Auftragnehmer zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnissen führen würde. Diese Voraussetzungen werden nur in seltenen Einzelfällen gegeben sein.

Wenn es dem Bauunternehmer selbst bei Zahlung höherer Einkaufspreise nicht möglich ist, die Baustoffe zu beschaffen (tatsächliche Unmöglichkeit), kann der Fall der höheren Gewalt (insbesondere infolge der COVID-19-Pandemie) oder eines anderen, vom Auftragnehmer nicht abwendbaren Ereignisses im Sinne des § 6 Absatz 2 Nummer 1c VOB/B vorliegen. Dadurch verlängern sich die Vertragsfristen. Beweispflichtig ist derjenige, der sich auf höhere Gewalt/das nicht abwendbare Ereignis beruft.

Tipp:

Es gibt keine Universallösung, um das gegenwärtige Problem explodierender bzw. ungewöhnlich hoher Preise lösen zu können. Sie gilt es in jedem Einzelfall zu finden. Bei laufenden Verfahren ist es oft sinnvoll, im Dialog zwischen Auftraggebern und Unternehmen einen Kompromiss zu finden. Durch Kreativität und Kulanz wird es gelingen, sowohl die angestrebten Beschaffungsziele zu erreichen als auch die Interessen der regional und überregional agierenden Unternehmen zu berücksichtigen. Wichtig ist, alle notwendigen Erwägungen und Entscheidungen überprüfungsfähig zu begründen und zu dokumentieren

 


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