„Rolle rückwärts“ in der Nachhaltigkeitsberichterstattung?

27. Februar 2025   |   ESG

Zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen plant die EU-Kommission durch ein umfassendes sog. „Omnibus“-Paket Vereinfachungen in den Bereichen nachhaltige Finanzberichterstattung, Taxonomie und Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit umzusetzen. Der erste– nun veröffentlichte – Entwurf sieht hierzu einige grundlegende Anpassungen der CSRD, EU-Taxonomie und CS3D vor. Damit wird für die betroffenen Unternehmen eine gewisse Entlastung in Aussicht gestellt. An einigen Stellen ist sogar eine starke Annäherung an die bereits geltenden Vorgaben des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) vorgesehen.

Hintergrund

Im November 2024 kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen umfassende Maßnahmen zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen an.

Arbeitspapiere der EU-Kommission verdeutlichen, dass durch ein „Omnibus“-Paket umfassende Vereinfachungen in den Bereichen nachhaltige Finanzberichterstattung, Taxonomie und Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit angestrebt werden. 

Vorgeschlagene Anpassungen der CS3D

Das „Omnibus“-Paket sieht insbesondere Anpassungen der CS3D vor, welche am 25.07.2024 in Kraft getreten ist.

Die Anpassungen betreffen im Wesentlichen acht Kernpunkte, die zu einer Reduzierung des anfallenden Aufwands für betroffene Unternehmen führen sollen:

Erweiterung des Kreises der mit vollharmonisierender Wirkung umzusetzenden Vorschriften

Durch das Omnibus-Paket soll der Kreis an Vorschriften ausgedehnt werden, welche die Mitgliedstaaten mit vollharmonisierender Wirkung umsetzen müssen. Zu beachten ist in dem Kontext, dass die Mitgliedstaaten auch keine strengeren Regelungen im Rahmen der Umsetzungsrechtsakte auf nationaler Ebene implementieren dürfen.

Ausrichtung der Sorgfaltspflichten auf direkte Geschäftspartner

Die in Art. 8 Abs. 2 b CS3D vorgesehene „eingehende Bewertung“ soll durch das Omnibus-Paket auf direkte Geschäftspartner beschränkt werden. Bei direkten Geschäftspartnern mit weniger als 500 Beschäftigtensoll der Umfang der Risikoermittlung nicht über die Informationen hinausgehen, über die solche Geschäftspartner in ihrem Nachhaltigkeitsbericht berichten müssen.

Abschaffung der Pflicht zur Beendigung der Geschäftsbeziehung

Im Rahmen der CS3D sind Unternehmen dazu verpflichtet, potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen zu verhindern. Die CS3D sieht bisher vor, dass Unternehmen als ultima ratio dazu verpflichtet sind, die Geschäftsbeziehungen mit ihren Geschäftspartnern zu beenden, um ihrer Pflicht nachzukommen. Da aber Unternehmen von den Zulieferungen bestimmter Zulieferer abhängig sein können, sieht das „Omnibus“-Paket nun die Streichung dieser Pflicht vor. Das letzte Mittel soll nach dem „Omnibus“-Paket lediglich die Aussetzung der Geschäftsbeziehungen sein.

Einschränkung des Begriffs „Stakeholder“ und der notwendigen Stakeholder-Beteiligung im Due -Diligence- Prozess

Nach dem „Omnibus“-Paket soll der legaldefinierte Begriff „Stakeholder“ vereinfacht und eingeschränkt werden und soll sich im Ergebnis nur auf direkt betroffene Stakeholder beziehen. Damit bleiben im Ergebnis allgemein etwa sonstige Akteure der Zivilgesellschaft außen vor, sofern diese nicht direkte Betroffenheit reklamieren können. Außerdem sollen Unternehmen im Rahmen der zur Erfüllung der einzelnen Sorgfaltspflichten notwendigen Stakeholder-Beteiligung nur die jeweils betroffenen Stakeholder einbeziehen müssen.

Verlängerte Fristen

Die Intervalle, in denen Unternehmen die Angemessenheit und Wirksamkeit der Sorgfaltspflichtmaßnahmen regelmäßig überwachen müssen, soll von einem auf fünf Jahre verlängert werden. Während dieses Zeitraums hat jedoch eine anlassbezogene Überprüfung weiterhin stattzufinden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht mehr angemessen oder wirksam sind.

Konkretisierung der Regelungen zu finanziellen Sanktionen

Aufgrund missverständlicher Regelungen hinsichtlich der Verhängung von Geldbußen soll die Kommission in Zukunft in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien herausgeben, die die Aufsichtsbehörden bei der Festlegung der Höhe der Sanktionen im Einklang mit der CS3D unterstützen. Die „Mindestobergrenze“ für Geldbußen sollten hierbei abgeschafft werden. Zudem sollen die Geldbußen nicht mehr vom weltweiten Nettoumsatz des Unternehmens abhängig sein.

Eingrenzung der zivilrechtlichen Haftungsrisiken

Die durch die CS3D vorgesehenen eigenständigen zivilrechtlichen Haftungstatbestände sollen aus Sicht der EU-Kommission gestrichen werden. Es soll vielmehr auf die bestehenden allgemeinen nationalen Haftungsrahmen gesetzt werden. Für diese nationalen Haftungsregelungen möchte die EU-Kommission jedoch einen Rahmen vorgeben. Zusätzlich soll die besondere Regelung zur Prozessstandschaft in der CS3D, etwa zu Gunsten von NGO´s mit Rücksicht auf die mitgliedstaatlichen Rechtstraditionen und Rechtsordnungen aufgehoben werden.

Streichung der Überprüfungsklausel für Finanzdienstleistungen

Die besondere Regelung zu einer Überprüfung der Notwendigkeit von besonderen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen soll gestrichen werden.

Vorgeschlagene Anpassungen der CSRD

Hinsichtlich der CSRD hat das „Omnibus“-Paket auch zahlreiche Veränderungen vorgesehen:

Beschränkung der Berichtspflichten

Das „Omnibus“-Paket sieht hinsichtlich der Berichtspflicht eine Beschränkung auf nur größere Unternehmen vor, also Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter und 50 Mio. € Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. €.

Präzisierung und Vereinfachung der Berichtspflichten

Auch im Rahmen der CSRD sieht das „Omnibus“-Paket eine Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor, um den Verwaltungsaufwand erheblich zu verringern, was insbesondere KMU zugutekommt.

Fristverlängerung

Weiter sieht das „Omnibus“-Paket eine verlängerte Frist für die Berichtspflichten vor, um den entsprechenden Unternehmen mehr Zeit für die Anpassung zu geben (für erstmalig ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtige Unternehmen um zwei Jahre (d.h. erstmalige Berichterstattung im Jahr 2028 für das Geschäftsjahr 2027)).

Vorgeschlagene Anpassungen der EU-Taxonomie

Auch in Bezug auf die EU-Taxonomie hat das „Omnibus“-Paket Änderungen vorgesehen

Transparenz

Das „Omnibus“-Paket sieht einfachere Kriterien und klarere Leitlinien für Unternehmen vor, um zu bestimmen, welche Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig gelten.

Reduzierung der Komplexität

Hinsichtlich der Komplexität ist eine Vereinfachung vorgesehen, was vor allem der Förderung privater Investoren dienen soll.

Anwendungsbereich 

Das Omnibus-Paket geht allerdings noch einen Schritt weiter und schlägt vor, die Anwendung des Klassifizierungssystems für Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und weniger als 450 Millionen Euro Umsatzerlösen freiwillig zu machen.

Ist das Thema Nachhaltigkeit damit bei Unternehmen "vom Tisch"? 

Die im Omnibus-Paket vorgesehene Einschränkung des Anwendungsbereichs würde tatsächlich bedeuten, dass für zahlreiche Unternehmen die Pflicht zur Berichterstattung nach CSRD und EU-Taxonomie entfällt. 

Aber:

Viele derjenigen Unternehmen, die durch die neuen Schwellenwerte keiner regulatorischen Berichtspflicht mehr unterliegen würden, sind z.B. dennoch in der Wertschöpfungskette berichtspflichtiger Unternehmen und diesen zur Auskunft zu gewissen zentralen ESG-Datenpunkten verpflichtet.

Der Druck kommt von den Seiten (Finanzierer, Lieferkette etc. verlangen Auskunft zur Nachhaltigkeit im Unternehmen)!

Durch die freiwillige Anwendung des VSME-Standards könnte künftig sichergestellt werden, dass Unternehmen sowohl den Anforderungen der Stakeholder gerecht werden als auch selbst von den mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensstrategie einhergehenden Vorteilen langfristig profitieren. 

Beispiele hierfür sind Einsparungspotentiale erkennen, eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit, höhere Mitarbeiterbindung, besserer Zugang zu Finanzierungs­möglich­keiten oder ein positiveres Image bei Kunden und Geschäftspartnern.

Fazit

Zusammenfassend kann der Abbau der regulatorischen Anforderungen (und teils übertriebener und widersprüchlicher Vorgaben) auch zu mehr Akzeptanz bei den Unternehmen führen und damit zu einem nachhaltigen Wirtschaften beitragen.

 


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