Und wieder grüßt das Urlaubsrecht: Jetzt noch an Urlaubstage erinnern!
04. Dezember 2018 | Arbeitsrecht
Das Urlaubsrecht kommt nicht zur Ruhe. Nun hat der EuGH entschieden, dass der erworbene Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nur dann zum Jahresende bzw. Beschäftigungsende automatisch verfallen kann, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich auf seine Urlaubstage verzichtet hat. Für Arbeitgeber bedeutet diese Entscheidung aus Luxemburg, dass sie ihre Arbeitnehmer rechtzeitig zum Jahresende bzw. zum Beschäftigungsende (nachweisbar) auffordern sollten, noch Urlaub zu nehmen.
Die Ausgangsfälle
Ausgelöst hat die Entscheidung des EuGH ein Rechtsreferendar, der sich nicht damit abfinden wollte, dass seine Urlaubstage zum Ende seines Referendardienstes nicht abgegolten werden. Ohne seine bezahlten Urlaubstage in Anspruch zu nehmen, beendete der Referendar seinen Dienst beim Land Berlin und forderte nach Abschluss seines Referendariats eine Vergütung für die nicht genommenen Urlaubstage. Das Land lehnte sein Ansinnen jedoch ab.
Auch ein Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft nahm trotz Bitte seiner Arbeitgeberin zum Ende seines Arbeitsverhältnisses seinen Resturlaub nicht in Anspruch, sondern wollte diesen lieber finanziell vergüten lassen, was die Max-Planck-Gesellschaft ablehnte.
Aufforderung des Arbeitgebers zur Beantragung von Urlaub erforderlich?
Die Kläger in den beiden Verfahren fanden sich schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht bzw. dem Bundesarbeitsgericht wieder, bevor sich beide Gerichte in den stürmischen Zeiten des Urlaubsrechts fragten, ob der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zur Beantragung von Urlaub verpflichten muss, bevor er den (erworbenen) Urlaub seiner Arbeitnehmer zum Jahresende bzw. Beschäftigungsende verfallen lassen darf.
EuGH: Erworbenes kann nicht ohne Weiteres genommen werden
Ähnlich wie in vorangegangenen Entscheidungen des EuGH zum Urlaubsrecht entschied der EuGH auch dieses Mal, dass einmal vom Arbeitnehmer erworbene Urlaubstage nicht ohne Weiteres verfallen dürfen. Erst wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig aufgefordert habe, Urlaub zu beantragen und ihn darüber aufgeklärt habe, dass sein Urlaubsanspruch anderenfalls untergehen könne, kann der Resturlaub verfallen.
Ausdrückliche Aufforderung am Jahresende bzw. zum Ende des Arbeitsverhältnisses erforderlich
Die Entscheidung des EuGH bedeutet für Arbeitgeber, dass sie ihre Arbeitnehmer zukünftig ausdrücklich und nachweisbar auffordern müssen, ihre Resturlaubstage zu beanspruchen. Der Arbeitgeber muss so rechtzeitig tätig werden, dass der Arbeitnehmer noch ausreichend Zeit hat, Urlaub zu nehmen. Zudem muss der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer darüber aufklären, dass der Resturlaub anderenfalls verfällt. Erst wenn er dies nachweisen kann, darf er von einem Verzicht des Arbeitnehmers auf seine Urlaubstage ausgehen.
Schon im eigenen Interesse sollten Arbeitgeber daher regelmäßig die Urlaubstage ihrer Arbeitnehmer kontrollieren, um eine nach dieser EuGH-Entscheidung grundsätzlich mögliche unbegrenzte Übertragung von Urlaubstagen zu vermeiden, die in der Folge dazu führen kann, dass bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hohe Abgeltungssummen für nicht genommenen Urlaub zu zahlen sind.
Tipp: Arbeitsvertragliche Gestaltung
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung empfiehlt es sich umso mehr, besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Urlaubsklausel im Arbeitsvertrag zu legen. Die Auswirkungen der europarechtlichen Urteile zum Urlaubsrecht lassen sich zumindest dadurch mildern, dass der Urlaubsanspruch in gesetzlichen Mindesturlaub und vertraglichen Mehrurlaub aufgespalten wird. Die Rechtslage erlaubt für vertraglichen Mehrurlaub mehr Flexibilität und eröffnet dem Arbeitgeber damit zumindest eine teilweise Kontrolle der anderenfalls nahezu unbegrenzt übertragbaren Urlaubstage.