Unternehmensnachfolge und Vorbehaltsnießbrauch - Fallstricke durch neue BFH-Rechtsprechung?
23. Mai 2018 | Erbrecht, Steuergestaltung, Steuerrecht
Seit vielen Jahren gehört die Vermögensübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch zum Repertoire der steuerlichen Gestaltung einer vorweggenommenen Nachfolgeplanung. Sie dient vor allem der Versorgung von Familienangehörigen.
Attraktive Steuervorteile
Die Optimierung der erbschaftsteuerlichen Belastung hat sich im Jahr 2009 verbessert, als das frühere Abzugsverbot des Nießbrauchs abgeschafft wurde. Ein weiterer steuerlicher Vorteil liegt in der mehrfachen Ausnutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge alle 10 Jahre (§ 14 ErbStG). Während künftige Wertzuwächse bereits bei dem Beschenkten entstehen, ermöglicht der (Quoten-) Nießbrauch eine geschickte Steuerung der ertragsteuerlichen Belastung beim Schenker. Von zentraler Bedeutung ist die ertragssteuerliche Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG. Erbrechtlich ist § 2325 BGB zu beachten, was zukünftige Pflichtteilsansprüche erhöhen kann.
Neue Rechtsunsicherheit
Obwohl die Nießbrauchgestaltungen in der Praxis seit langer Zeit anerkannt sind, besteht gleichwohl wegen fehlendender zivilrechtlichen Regelungen und divergierender Entscheidungen von BGH und BFH nur wenig Rechtssicherheit. Der BFH hat nun in seiner Entscheidung X R 59/14 zur Übertragung eines gewerblich tätigen Einzelunternehmens unter Nießbrauchvorbehalt entschieden, dass die Buchwertfortführung nicht möglich sein soll, weil der Schenker seine bisherige gewerbliche Tätigkeit aufgrund des Nießbrauchs nicht „eingestellt“ hat. Diese Entscheidung ist stark kritisiert worden, weil die Chancen und Risiken der gewerblichen Tätigkeit natürlich auch den Übernehmer treffen (Verbindlichkeiten, Insolvenzrisiko, Veräußerungserlös etc.).
Folgen der Entscheidung für die Unternehmensnachfolge
Für die Gestaltungspraxis muss davor gewarnt werden, Gewerbebetriebe ohne eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung unter Vorbehaltsnießbrauch zu übertragen, wenn keine stillen Reserven im Gewerbebetrieb realisiert werden sollen. Da die o.g. Entscheidung keine Einschränkung erkennen lässt, muss damit gerechnet werden, dass u. U. auch die Übertragung von Mitunternehmeranteilen unter Vorbehaltsnießbrauch betroffen ist.
Diese Rechtsunsicherheit kann allerdings durch Gestaltungsalternativen begegnet werden, wie etwa das Zurückbehalten eines Zwerganteils an der Gesellschaft beim Schenker oder der Rechtsformwechsel in eine Kapitalgesellschaft. Auch eine Übertragung gegen Rentenzahlungen statt eines Nießbrauchs kann Unsicherheiten vermeiden.