Unternehmenssanierung – Firmenrettung durch Insolvenz in Eigenverwaltung

17. Januar 2023   |   Sanierung und Insolvenz

Vor dem Hintergrund des aktuell einsetzenden wirtschaftlichen Abschwungs zeichnet sich ein zunehmender Beratungsbedarf in Restrukturierungs- und Sanierungsthemen für Unternehmer ab.

Diese Tendenz zeigt sich bereits durch eine Trendwende bei Unternehmensinsolvenzen, die erstmals seit der Finanzkrise 2009 im Jahr 2022 wieder gestiegen sind. Eine Vielzahl von sich überlagernden Krisen (Energiekrise, gestiegene Material- und Kapitalkosten, Inflation, Lieferkettenprobleme) stellen eine zunehmende finanzielle Belastung für Unternehmen dar.

In der Konsequenz reduziert sich vielfach der (operative) Cash-Flow, was ohne frühzeitige Gegensteuerungsmaßnahmen zur Zahlungsunfähigkeit und einer damit verbundenen Insolvenz führen kann. Die nachfolgenden Ausführungen sollen vor diesem Hintergrund den verbreiteten Mythos entkräften, dass eine Unternehmensinsolvenz zwangsläufig eine Betriebsschließung nach sich zieht. Stattdessen ist es vielmehr so, dass insbesondere eine Insolvenz in Eigenverwaltung zahlreiche Möglichkeiten für eine erfolgreiche Unternehmenssanierung bietet.

Erfolgreiche Sanierung im Rahmen einer Insolvenz – Eigenverwaltung als Mittel der Wahl

Das Insolvenzrecht unterscheidet zwischen einem Regelinsolvenzverfahren und einer sogenannten Insolvenz in Eigenverwaltung, die an höhere formale Zugangsvoraussetzungen geknüpft ist. Während in einem Regelinsolvenzverfahren der Erhalt des Unternehmens tatsächlich als die absolute Ausnahme anzusehen ist, führen Eigenverwaltungsverfahren in der Mehrzahl der Fälle zur Betriebsfortführung und Erhalt der bisherigen Eigentümerstrukturen. Zudem können gegenüber einer Regelinsolvenz vielfach deutlich mehr Arbeitsplätze gesichert werden. Vor diesem Hintergrund steigt die Motivation für eine Insolvenzantragstellung, da eine realistische Chance zur Unternehmensfortführung besteht. In der Eigenverwaltung führt das schuldnerische Unternehmen den Geschäftsbetrieb trotz Insolvenz zudem eigenständig fort. Die Verfügungsbefugnis geht – anders als in der Regelinsolvenz - nicht auf einen Insolvenzverwalter über. Auf diese Weise kann unternehmerisches Know-How weiterhin genutzt werden. Um die höheren formalen Voraussetzungen erfüllen zu können und die Erfolgsaussichten der Sanierung zu erhöhen, sollte der Insolvenztrag sorgfältig vorbereitet und frühzeitig gestellt werden.

Überblicksartig ergeben sich im Wesentlichen folgende Unterschiede:

Regelinsolvenzverfahren:

  • Erhalt des Unternehmens gilt als Ausnahme
  • Verfügungsbefugnis geht auf Insolvenzverwalter über
  • Kündigung/ Abschluss von Verträgen obliegt dem Insolvenzverwalter
  • Insolvenzverwalter rückt in Arbeitgeberstellung ein

Insolvenz in Eigenverwaltung:

  • Betriebsfortführung in der Mehrzahl der Fälle möglich
  • Schuldner bleibt verfügungsbefugt
  • Kündigung/ Abschluss von Verträgen obliegt dem Schuldner
  • Schuldner bleibt Arbeitgeber
  • Unternehmerisches Know-How kann weiterhin genutzt werden
  • Lediglich Kontrollrechte durch sog. Sachwalter

Die Erfolgsaussichten einer Insolvenz in Eigenverwaltung können durch diverse insolvenzrechtliche Unterstützungsmechanismen erklärt werden, die im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung nicht genutzt werden können.

Vorteile der Eigenverwaltung gegenüber außergerichtlicher Sanierung

1. Aufbau einer Liquiditätsreserve als Basis für erfolgreiche operative Restrukturierung

Gegenüber einer außergerichtlichen Sanierung bietet die Insolvenzordnung für die Eigenverwaltung diverse Regelungen, die den finanziellen Spielraum für eine erfolgreiche operative Restrukturierung schaffen. Insbesondere durch nachfolgende Regelungen lassen sich (nach Antragstellung) bereits innerhalb eines kurzen Zeitraums signifikante Liquiditätseffekte erzielen:

  • Arbeitnehmer erhalten Insolvenzgeld für (maximal) 3 Monate
  • Keine Tilgung von Bankkrediten und (sonstige) Altverbindlichkeiten (inkl. Zinsen)

Nach erfolgreicher Antragstellung erhalten die Arbeitnehmer von der Bundesagentur für Arbeit ein sogenanntes (steuerfreies) Insolvenzgeld. Die Arbeitnehmer erleiden insofern keine finanziellen Einbußen und das schuldnerische Unternehmen kann durch das nicht zu zahlende Arbeitsentgelt zum Teil signifikante Liquiditätsreserven aufbauen. Zudem sind Bankkredite und sonstige Verbindlichkeiten, die bis zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung entstanden sind, grundsätzlich nicht mehr zu tilgen. Vertraglich vereinbarte Zinszahlungen entfallen ebenfalls. Das sich auf diese Weise aufbauende Liquiditätspolster kann für notwendige Restrukturierungsmaßnahmen genutzt werden.

2. Weitere Regelungen für erleichterte Sanierung im Rahmen der Eigenverwaltung

Die Entlassung von Mitarbeitern stellt unter sozialen Gesichtspunkten immer eine schwierige Entscheidung dar, deren Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden sollten. Dennoch kann ein Personalabbau für den Erhalt des Unternehmens und die Absicherung der übrigen Arbeitsplätze unerlässlich sein. Im Rahmen von außergerichtlichen Sanierungen scheitern betriebswirtschaftlich erforderliche Personalabbauprogramme häufig an den damit verbundenen hohen (Abfindungs-)Kosten. Die Insolvenzordnung bietet in diesem Zusammenhang u. a. folgende Regelungen, die einen Personalabbau vereinfachen und zu deutlich geringeren Kosten ermöglichen:

  • Verkürzte Kündigungsfrist: grundsätzlich 3 Monate (§ 113 InsO)
  • Abfindungen: gedeckelt auf 2,5 Monatsgehälter (§ 123 InsO)
  • Liquiditätsbelastende Betriebsvereinbarungen: kündbar mit Frist von 3 Monaten (§ 120 InsO)

Eine außergerichtliche Sanierung kann zudem dadurch erschwert werden, dass langfristige Vertragsverhältnisse nicht oder nur unter hohen Zusatzkosten gekündigt werden können. Dies gilt gleichermaßen sowohl für zu teure oder nicht mehr benötigte Mietflächen als auch für sonstige gegenseitige Verträge (z.B. Leasingverträge). Die Insolvenzordnung bietet in diesem Zusammenhang folgende Möglichkeiten zur vorzeitigen Kündigung von Verträgen:

  • Mietverhältnisse: verkürzte Kündigungsfrist 3 Monate zum Monatsende (§ 109 InsO)
  • Gegenseitige Verträge: Können mit Verfahrenseröffnung beendet werden (§ 103 InsO)

Fazit

Zusammengefasst bietet das Insolvenzrecht gegenüber einer außergerichtlichen Sanierung zahlreiche Regelungen, durch welche die Liquiditätsbelastung eines Unternehmens im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverwaltung signifikant reduziert werden kann. Dem schuldnerischen Unternehmen wird es ermöglicht, den Betrieb eigenständig fortzuführen, ohne dass die Verfügungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter übergeht. Auf diese Weise werden Arbeitsplätze gesichert und das Unternehmen kann auf gesunde Beine gestellt und anschließend erfolgreich fortgeführt werden.

Die Durchführung einer Insolvenz in Eigenverwaltung erfordert als Grundvoraussetzung stets insolvenzrechtliches Know-how.

Im Rahmen der notwendigen insolvenzrechtlichen Beratung unterstützen wir Sie gerne.


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