UPDATE Corona XXII – Arbeitszeitverordnung (COVID-19-ArbZV) zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten
14. April 2020 | Unternehmensrecht, Arbeitsrecht
Zur Abmilderung von Härtefällen durch die Corona-Krise wurde u.a. ein arbeitszeitrechtlicher Ausnahmetatbestand geschaffen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und bereits nach § 14 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz mit Wirkung ab dem 10. April 2020 Abweichungen von den arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen für systemrelevante Wirtschaftsbereiche geregelt.
Hierzu im Einzelnen:
1. So ist die Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden bei Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit (in dringenden Fällen) auf bis zu 60 Stunden zulässig, wenn diese zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sind.
Die Ausnahmen gelten danach nur für bestimmte „systemrelevante“ Tätigkeiten, mithin:
- beim Herstellen, Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer (also nicht an Endverbraucher), Be- und Entladen und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren sowie Hilfsmitteln, Produkten, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie eingesetzt werden, Stoffen, Materialien, Behältnissen und Verpackungsmaterialien, die zu Herstellung und zum Transport der vorgenannten Waren, Mittel und Produkte erforderlich sind,
- bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten,
- bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz,
- zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden,
- in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,
- in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren,
- zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten sowie bei der Bewachung von Betriebsanlagen,
- zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen sowie
- in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Liederdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern.
Der Katalog systemrelevanter Bereiche ist in der Verordnung abschließend geregelt. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann allerdings feststellen, ob eine bestimmte Beschäftigung unter die in der Verordnung geregelten Ausnahmen fällt.
Diese Möglichkeiten greifen jedoch nur, soweit die Verlängerung der Arbeitszeit nicht durch vorausschauende personalwirtschaftliche Maßnahmen bspw. durch Umsetzungen anderer Arbeitnehmer vermieden werden kann.
2. Zudem kann die tägliche Ruhezeit von üblicherweise elf auf nunmehr neun Stunden (mit Zeitausgleich durch Verlängerung anderer Ruhezeiten oder freie Tage innerhalb von vier Wochen) verkürzt werden.
Dabei ist der erforderliche Ausgleich bis zum 31. Juli 2020 zu gewährleisten.
3. Darüber hinaus ist mit der Covid-19-ArbZV nun in den bezeichneten Bereichen auch Sonn- und Feiertagsarbeit zulässig, sofern diese nicht an den Werktagen (Montag bis Samstag) vorgenommen werden kann. Dabei hat die Gewährung von Ersatzruhetagen für Beschäftigungssonntage innerhalb von acht Wochen (statt innerhalb von zwei Wochen), spätestens aber bis zum 31. Juli 2020 zu erfolgen.
4. Die vom Arbeitszeitgesetz abweichenden Bestimmungen sind bis zum 30. Juni 2020 anzuwenden. Auch die – teilweise schon vor der COVID-19-ArbZV erlassenen – Allgemeinverfügungen der Bundesländer bleiben also zu beachten.
5. Regelungen zum Arbeitszeitschutz aus anderen Gesetzen, z.B. im JArbSchG oder MuSchG, Lenk- und Ruhezeiten für LKW-Fahrer sowie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bzw. des Personalrats bleiben von den Ausnahmebestimmungen der Arbeitszeitverordnung unberührt.
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