Urteil im Spezi-Streit: Die „Paulaner Spezi“ bleibt „Spezi“
19. Oktober 2022 | Marken- und Wettbewerbsrecht, Vertragsrecht
Die Paulaner Brauerei darf ihr Kultgetränk auch weiterhin „Paulaner Spezi“ nennen. Dies entschied das Landgericht München am 11. Oktober 2022 (Az. 33 O 10784/21).
Die Parteien des Rechtsstreits waren die Paulaner Brauerei aus München sowie die Brauerei Riegele aus Augsburg. Riegele hat den Begriff „Spezi“ erfunden und hält hieran bereits seit dem Jahr 1956 das Markenrecht u. a. mit Schutz für koffeinhaltige Getränke. Im Jahr 1974 schlossen die Brauerei Riegele und die Paulaner Brauerei (damals noch die „Paulaner-Salvator Thomasbräu“) eine Vereinbarung, wonach die Paulaner Brauerei ihre eigene Spezi unter dem Namen „Paulaner Spezi“ mit einem eigenen Logo herstellen und vertreiben kann. Geeinigt wurde sich auf eine einmalige Zahlung in Höhe von 10.000,00 DM.
Ausgangspunkt des aktuellen Rechtsstreites war die Kündigung dieser Vereinbarung durch die Brauerei Riegele im Jahr 2021, verbunden mit dem Ziel, einen neuen Lizenzvertrag mit angepassten Konditionen abzuschließen. Die Paulaner Brauerei hingegen bestand auf der Fortdauer der damaligen Vereinbarung und auf die Feststellung, dass sie ihr Kultgetränk auch weiterhin als „Paulaner Spezi“ bezeichnen darf.
Im Kern ging es um die Frage, ob es sich bei der 1974 getroffenen Vereinbarung um eine unkündbare Abgrenzungsvereinbarung oder einen kündbaren Lizenzvertrag handelt. Der Streitwert belief sich auf rund 10 Mio. Euro.
Eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn zwischen zwei sich gegenüberstehenden Marken ein Konflikt besteht. Ziel einer Abgrenzungsvereinbarung ist es daher, eine dauerhafte Koexistenz zweier Marken bzw. Markeninhaber untereinander zu schaffen. Ein wesentliches Charakteristikum der Abgrenzungsvereinbarung besteht in ihrer grundsätzlichen Unkündbarkeit. Fehlt es an einem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht, gilt die Vereinbarung zeitlich unbeschränkt!
Hiervon zu unterscheiden ist der Lizenzvertrag, der zwischen einem Markeninhaber (Lizenzgeber) und einem Dritten (Lizenznehmer) geschlossen wird. Der Lizenzvertrag enthält Bestimmungen, nach denen es dem Lizenznehmer möglich ist, die Marke des Lizenzgebers zu nutzen. Als Gegenleistung entrichtet der Lizenznehmer i.d.R. eine angemessene Lizenzgebühr. Der wesentliche Unterschied zur Abgrenzungsvereinbarung besteht darin, dass der Lizenzvertrag grundsätzlich zeitlich befristet, ist bzw. ordentliche Kündigungsrechte vereinbart sind.
Die 33. Zivilkammer des Landgerichts München I entschied nun zugunsten der Paulaner Brauerei und gab ihrem Anliegen statt, weiterhin „Paulaner Spezi“ anbieten zu dürfen. Die im Jahr 1974 getroffene Vereinbarung sei als Abgrenzungsvereinbarung einzuordnen und bestehe weiter fort. Das Gericht argumentierte, dass vor der damaligen Unterzeichnung die Überschrift „Lizenzvertrag“ durch „Vereinbarung“ ersetzt worden sei. Zudem zielten die Parteien darauf ab, die damals bestehenden Streitigkeiten endgültig beilegen zu wollen. Im Vertrauen auf eine solche endgültige Eignung habe Paulaner erhebliche Investitionen in den Markenaufbau getätigt. Schließlich würde der Brauerei Riegele auch kein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen. Die Paulaner Brauerei habe hierzu keinen Anlass gegeben und sich im Gegenteil stets an die Bestimmungen der Vereinbarung gehalten. Auch der Wunsch, an dem beachtlichen Erfolg des Wettbewerbers teilzuhaben, stelle keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar.
Damit bleibt die Hoffnung von Riegele auf den Abschluss eines neuen, millionenschweren Lizenzvertrages vorerst ohne Erfolg. Die Entscheidung des LG München I ist noch nicht rechtskräftig.
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