KSB-Team im Gespräch

Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand

28. August 2023   |   Öffentliches Recht

Gut nutzbare und vorteilhaft gelegene Grundstücke sind mittlerweile rar. Durch die öffentliche Hand zum Verkauf angebotene Grundstücke können für Unternehmen, Investoren und Privatpersonen äußerst attraktiv sein. Die öffentliche Hand wird aber nicht selten den nachvollziehbaren Wunsch haben, Käufern der im Gemeindegebiet vorteilhaft gelegenen Grundstücke Pflichten aufzuerlegen. So werden Investoren in dem Kaufvertrag selbst oder häufig in begleitenden öffentlich-rechtlichen Verträgen zum Beispiel gestalterische Vorgaben gemacht, es sollen eine gewisse Quote an sozialem Wohnungsbau eingehalten, öffentlich nutzbare Parklätze errichtet oder städtebaulich relevante Infrastruktur, wie etwa eine öffentliche Kindertagesstätte, geschaffen werden.

Für alle beteiligten Vertragsparteien ist rechtlich und vor allem finanziell von elementarer Bedeutung, dass die dem Erwerbsvorgang zugrundeliegenden Kauf- und öffentlich-rechtlichen Verträge von Anfang an wirksam und nicht anfechtbar sind. Ein dabei unbedingt vertieft zu berücksichtigender – tatsächlich aber nicht selten übersehener oder zumindest nur rudimentär bedachter – Aspekt ist, ob der Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand zuvor öffentlich ausgeschrieben werden muss. Ein ausschreibungspflichtiger, aber nicht ausgeschriebener Grundstücksverkauf ist vergaberechtswidrig und kann zur Unwirksam des gesamten Erwerbsvorgangs sowie zur erzwungenen Rückabwicklung mit weiteren unerwünschten Konsequenzen für alle Beteiligten führen.

Doch warum müssen Grundstücksverkäufe ausgeschrieben werden, wie läuft eine Ausschreibung ab und unter welchen Umständen wird ein Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand überhaupt ausschreibungspflichtig? Wesentlich für Letzteres sind vor allem die öffentlich-rechtlichen vertraglichen Vereinbarungen.

Im Folgenden beleuchten wir diese Fragen und geben einen Überblick über die Kriterien, die zur Ausschreibungspflicht führen.

Warum gibt es eine Ausschreibungspflicht beim Grundstücksverkäufen durch die öffentliche Hand?

Die Ausschreibungspflicht beim Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand trägt dazu bei, eine faire und transparente Vergabe von Grundstücken zu gewährleisten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Verkaufsprozess zu stärken. Durch die strikte Einhaltung der Ausschreibungsverfahren wird sichergestellt, dass die Interessen der Allgemeinheit geschützt und die bestmöglichen Entscheidungen für die Nutzung von öffentlichen Grundstücken getroffen werden.

Ablauf der Ausschreibung beim Grundstücksverkauf

Die Ausschreibung beim Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand erfolgt in der Regel durch eine öffentliche Bekanntmachung. In dieser werden alle relevanten Informationen zum Grundstück und zum Vergabeverfahren, wie Lage, Größe, Nutzungsmöglichkeiten und Verkaufsbedingungen, Angaben zum Auftraggeber, Art und Umfang des Auftrages, Nachweise für die Beurteilung der Eignung eines Bieters/Bewerbers, Fristen und Nachprüfungsstellen, veröffentlicht. Interessenten haben dann die Möglichkeit, ihre Angebote abzugeben oder sich um den Erwerb des Grundstücks zu bewerben. Das wirtschaftlichste, d.h. das im besten ,,Preis-Leistungs-Verhältnis“ stehende, Angebot wird anschließend ausgewählt.

Wann wird ein Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand ausschreibungspflichtig?

Der bloße Grundstücksverkauf durch die öffentliche Hand bedarf keiner Ausschreibung. Er ist vergabefrei, weil der Verkauf selbst kein öffentlicher Auftrag ist. Es fehlt an einem sog. Beschaffungsvorgang der öffentlichen Hand, der eine Ausschreibungspflicht begründen könnte.

Anders kann dies aber zu bewerten sein, wenn mit der Veräußerung des Grundstücks eine verbindliche vertragliche Verpflichtung des Erwerbers einhergeht, das Grundstück nach Vorgaben der öffentlichen Hand bebauen zu lassen. Es kann sich dann zum Beispiel um einen Bauauftrag oder eine sog. Baukonzession handeln, was zu einer Ausschreibungspflicht führen kann.

Der EuGH hat in einer Grundsatzentscheidung vom 25.03.2010, Rs. C 451/08 (Rechtssache Helmut Müller) dazu wegweisende Vorgaben aufgestellt. Erforderlich für eine Ausschreibungsbedürftigkeit ist, dass die vertraglichen Vorgaben über die rein städtebauliche Entwicklung hinausgehen und dem Auftraggeber, also der öffentlichen Hand, die Bauleistungen unmittelbar wirtschaftlich zugutekommen. Von einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse eines öffentlichen Auftraggebers an einer Bauleistung ist nach der Grundsatzentscheidung des EuGH dann auszugehen, wenn der öffentliche Auftraggeber

  • Eigentümer der Bauleistung oder des zu errichtenden Bauwerks werden soll,
  • über einen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke, die Gegenstand des Auftrags sind, im Hinblick auf die öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt (z.B. durch verbindliche und einklagbare Bauverpflichtung, Förderung von Daseinsvorsorge, sozialem Wohnraum etc.),
  • selbst wirtschaftliche Vorteile aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen kann (z.B. Parkhaus und/-oder Büronutzung),
  • an der Erstellung des Bauwerks finanziell beteiligt ist (etwa in Form eines Baukostenzuschusses) oder Verkauf unter Marktwert,
  • Risiken im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks trägt.

Auf nationaler Ebene ist in § 103 Abs. 3 S. 2 GWB für europaweite Vergabeverfahren eine einschlägige Regelung enthalten. Die Vorschrift dient der Verhinderung von Umgehungen der Ausschreibepflicht. Es soll verhindert werden, dass bei ausschreibepflichtigen Bauaufträgen durch die Beauftragung privater Unternehmen oder Privatpersonen, die nicht als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren sind, die Anwendbarkeit des Vergaberechts verhindert wird. Danach liegt ein vergabepflichtiger Bauauftrag vor, wenn

  • die Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen erbracht wird und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat und
  • die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt.

Die Rechtsprechung hat anhand der gesetzlichen Regelung unter Berücksichtigung der EuGH-Vorgaben Fallgruppen etabliert, anhand derer immer im Einzelfall die Grundstücksveräußerung auf ihre „Beschaffungsrelevanz“ zu überprüfen ist.

Sind also die Verträge derart gestaltet, dass sich die öffentliche Hand noch im Rahmen ihrer bauordnungsrechtlichen Regelungszuständigkeit bewegt, ist die Grenze zu einer Ausschreibungspflicht nicht erreicht. Wird aber der Investor etwa in einem begleitenden städtebaulichen Vertrag oder im Kaufvertrag verpflichtet, ein Bauwerk zu errichten, das der öffentlichen Hand unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt, ist darin eine Beschaffung zu sehen. Regelmäßig – d.h. mit Ausnahmen – ist dies zum Beispiel der Fall, wenn die Errichtung einer Kindertagesstätte zur Anmietung durch die Kommune vereinbart wird oder wenn öffentlich nutzbare Parkplätze oder Behördenparkplätze zu schaffen sind. Bei sog. „Belegungsrechten“ für Wohnungen, die der öffentlichen Hand zuzusagen sind, kommt es wiederum, ebenso wie bei gestalterischen Vorgaben, auf den jeweiligen Einzelfall und die konkrete Regelung an. Die Grenzen sind nach wie vor teils unscharf und es gibt eine Vielzahl weiterer Beispiele und Fallgruppen.

Fazit

Trotz der seit längerer Zeit bekannten europarechtlichen Vorgaben und der Umsetzung in nationales Recht steckt der Teufel nach wie vor im Detail. Eine sorgfältige vertragliche Planung und Prüfung der Ausschreibungspflicht sind unerlässlich, um wirtschaftlich nachteilhafte Konsequenzen zu vermeiden und einen reibungslosen Verkaufsprozess für alle Beteiligten zu gewährleisten. Lassen sich Grenzfälle nicht belastbar lösen, kann sehr oft das gemeinsame Ausloten der Interessenlage dazu führen, dass inhaltlich in Wahrheit doch Konsens besteht oder erreicht werden kann, so dass der Gestaltung eines rechtssicheren Vertragswerks nichts im Weg steht.

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