Nachzahlungszinssatz verfassungswidrig!? Der BFH stellt für Veranlagungszeiträume ab 2015 die Verfassungsmäßigkeit der Zinssatzhöhe bei Nachzahlungen in Frage.

22. Mai 2018   |   Steuerdeklaration, Steuerrecht

Der BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes i.H.v. 6 % p.a. zur Verzinsung von Steuernachforderungen für Veranlagungszeiträume ab 2015. Die Zinssatzhöhe sei angesichts des strukturellen und verfestigten Niedrigzinsniveaus gleichheitswidrig und realitätsfern (vgl. BFH, Beschluss vom 25.4.2018, Az.: IX B 21/18).

Erhebliche Mehreinnahmen des Staates

Bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen gilt ein Satz von 0,5 Prozent pro Monat, also sechs Prozent pro Jahr. Der hohe Zinssatz besteht bereits seit 1961. Dem BFH zufolge vereinnahmte der Staat allein bei steuerlichen Betriebsprüfungen "in den letzten Jahren mehr als zwei Milliarden Euro" an Nachzahlungszinsen.

Verfassungswidrigkeit der Zinssatzhöhe

Nach Auffassung des Gerichts verletzt die Höhe des Zinssatze wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es bestünden schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz überdies dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot des Art. 20 Abs. 3 GG entspreche.

Die Zinssatzhöhe überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität. Dieses wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein „Steuerzuschlag“.

Untätigkeit des Gesetzgebers trotz Kenntnisnahme!

Das Gericht führt weiter aus, dass der Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer Anpassung der Zinssatzhöhe gewusst habe. Die Zinsregelungen in verfahrens- und handelsrechtlichen Gesetzes seien nämlich angepasst worden. Nur eben nicht der Zinssatz für Steuernachforderungen.

Wichtiger Praxishinweis

Aufgrund der Vorlage der Frage beim Bundesverfassungsgericht sollte gegen die Festsetzung von Nachzahlungszinsen Einspruch erhoben werden, solange in den Steuerbescheiden kein entsprechender Vorläufigkeitsvermerk enthalten ist.