Nachzahlungszinssatz verfassungswidrig!? Der BFH stellt für Veranlagungszeiträume ab 2015 die Verfassungsmäßigkeit der Zinssatzhöhe bei Nachzahlungen in Frage.
Erhebliche Mehreinnahmen des Staates
Bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen gilt ein Satz von 0,5 Prozent pro Monat, also sechs Prozent pro Jahr. Der hohe Zinssatz besteht bereits seit 1961. Dem BFH zufolge vereinnahmte der Staat allein bei steuerlichen Betriebsprüfungen "in den letzten Jahren mehr als zwei Milliarden Euro" an Nachzahlungszinsen.
Verfassungswidrigkeit der Zinssatzhöhe
Nach Auffassung des Gerichts verletzt die Höhe des Zinssatze wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es bestünden schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz überdies dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot des Art. 20 Abs. 3 GG entspreche.
Die Zinssatzhöhe überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität. Dieses wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein „Steuerzuschlag“.
Untätigkeit des Gesetzgebers trotz Kenntnisnahme!
Das Gericht führt weiter aus, dass der Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer Anpassung der Zinssatzhöhe gewusst habe. Die Zinsregelungen in verfahrens- und handelsrechtlichen Gesetzes seien nämlich angepasst worden. Nur eben nicht der Zinssatz für Steuernachforderungen.
Wichtiger Praxishinweis
Aufgrund der Vorlage der Frage beim Bundesverfassungsgericht sollte gegen die Festsetzung von Nachzahlungszinsen Einspruch erhoben werden, solange in den Steuerbescheiden kein entsprechender Vorläufigkeitsvermerk enthalten ist.