Zielfindungsphase nach § 650 p Abs. 2 BGB n.F. – Ende der unentgeltlichen Akquise?
19. Februar 2018 | Vertragsrecht, Bau- und Architektenrecht
Von den Neuerungen des Bauvertragsrechts hatten wir bereits berichtet. Durch die seit 01.01.2018 geltenden Regelungen ist erstmals die eigenständige Erwähnung des Architekten- und Ingenieurvertrags im BGB vorgesehen. In den §§ 650 p – t BGB sind diese Neuregelungen versteckt. Dort enthalten ist die Möglichkeit der Beauftragung des Architekten mit der „Zielfindung“. Der Beitrag behandelt die Frage, ob dies das Ende der unentgeltlichen Akquisetätigkeiten von Architekten ist und daher zugunsten der Architektenschaft für mehr Sicherheit sorgt.
Gesetzliche Situation
Die Vorschrift in § 650 p BGB definiert die vertragstypischen Pflichten eines Architekten- und Ingenieur Vertrages: Der Architekt verpflichtet sich, „die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen“. Der Gesetzgeber geht also von dem Idealfall aus, dass sich die Parteien schon über Planungs- und Überwachungsziele verständigt haben, die nunmehr vom Architekten verfolgt werden sollen.
Sinn und Zweck des § 650 p Abs. 2 BGB
Absatz 2 dieser Vorschrift greift nun den besonderen Fall auf, dass diese Planungs- und Überwachungsziele eben noch nicht definiert sind; der Bauherr noch gar nicht genau weiß, was er will und gerade deswegen die Hilfe eines Architekten in Anspruch nimmt. Es geht erst einmal darum, das Bauvorhaben zu definieren und die Machbarkeit zu erörtern (sog. Zielfindungsphase). Es wird eine Leistungsphase 0 geschaffen, um die Wortwahl der HOAI aufzugreifen. Die neue Regelung stellt klar, dass der Architekt gesondert für diese Zielfindungsphase beauftragt werden kann. Der Architekt hat dann eine Planungsgrundlage sowie eine Kosteneinschätzung zu erarbeiten und dem Bauherrn vorzulegen. Umgekehrt kann der Architekt hierfür auch bereits eine Vergütung nach § 631 Abs. 1 BGB verlangen; das Honorar ist nicht nach der HOAI zu bemessen und kann frei bestimmt werden. Diese Zielfindungsphase endet mit der Zustimmung des Bauherrn zu den Unterlagen oder aber mit der Kündigung durch den Bauherrn oder den Architekten, soweit eine gemeinsame Zusammenarbeit nicht in Betracht kommt, vgl. § 651 r BGB.
Ende der unentgeltlichen Akquisetätigkeit?
Eine vergleichbare Regelung gab es bislang nicht. Es stellte sich daher immer die Frage, ob der Architekt für „kleinere Vorarbeiten“, „Skizzen“ oder eine „Kostenschätzung“ eine Vergütung verlangen darf. Letztlich musste eine Abwägung im Einzelfall stattfinden, was sogar zur Folge hatte, dass noch „geringfügige Arbeiten“ der Leistungsphasen 1 und 2 unentgeltlich zu erbringen waren und als Akquisetätigkeit betrachtet wurden. Von keinem anderen Berufsstand wurde erwartet, so lange unentgeltlich tätig zu sein! Problematisch war dies v.a. dann, wenn sich diese erste Leistung eines Architekten nicht durch eine anschließende Beauftragung gelohnt hat.
Nach der Gesetzesbegründung soll die neue Regelung einer noch größeren Ausdehnung der unentgeltlichen Akquise zu Lasten der Architektenschaft entgegenwirken. Auch die Erstellung eines grundlegenden Konzepts soll nun bereits einen Vertrag begründen. Jedoch werden Verträge nur durch Abschluss der Parteien herbeigeführt und nicht durch eine gesetzliche Regelung. Auch stellt sich die Frage, ob es nun gar keine kostenfreie Akquise durch Architekten mehr geben wird. Umgekehrt ist es nicht notwendig, dass ein Bauherr die Leistung eines Architekten nur nach Abschluss eines (umfangreichen) Architektenvertrages in Anspruch nehmen kann.
Der neue § 650 p Abs. 2 BGB wird nicht alle Probleme im Bereich der Akquise von Architekten lösen; jedoch bietet er eine gute Grundlage, die Beauftragung eines Architekten mit der Erstellung eines Grundkonzepts recht einfach auf eine vertragliche Basis zu heben.