Interview mit Natalie Remel
21. März 2023
Natalie Remel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Vergaberecht bei KSB INTAX am Standort Celle. Im Interview spricht Sie über die Preisprüfung bei der Auftragsvergabe.
Frau Remel, warum ist die Preisprüfung im Vergaberecht so wichtig?
Die Preisprüfung ist ein wesentlicher Bestandteil des Vergabeverfahrens. Sie dient dazu, sicherzustellen, dass die öffentlichen Auftraggeber nicht mehr als notwendig für die erbrachte Leistung bezahlen und gleichzeitig sicherzustellen, dass alle Bieter fair und gleich behandelt werden. Die Preisprüfung ist daher ein wichtiger Schutzmechanismus, um sicherzustellen, dass das Vergabeverfahren fair und transparent abläuft.
Wie wird die Preisprüfung im Vergaberecht durchgeführt?
Die Preisprüfung erfolgt in der Regel durch eine detaillierte Analyse der Angebote, die im Rahmen des Vergabeverfahrens eingereicht wurden. Dabei wird geprüft, ob die Angebote alle geforderten Leistungen enthalten und ob die angebotenen Preise angemessen sind. Es werden auch bestimmte Methoden wie Preisvergleiche oder Kalkulationen angewendet, um sicherzustellen, dass der beste Preis ermittelt wird.
Gibt es Risiken bei der Preisprüfung?
Ja, es gibt einige Risiken, die bei der Preisprüfung berücksichtigt werden müssen. Einige Bieter könnten beispielsweise versuchen, ihre Preise zu niedrig anzusetzen, um den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten. Dies kann dazu führen, dass die Qualität der erbrachten Leistung beeinträchtigt wird oder dass der Bieter später zusätzliche Zahlungen verlangt, um seine Kosten zu decken. Daher ist es wichtig, dass die öffentlichen Auftraggeber sorgfältig prüfen, ob die angebotenen Preise realistisch und angemessen sind.
Was passiert, wenn ein Angebot auffällig niedrig ist?
Wenn ein Angebot auffällig niedrig ist, dann muss der öffentliche Auftraggeber genauer prüfen, ob das Angebot realistisch und wirtschaftlich ist. Hierbei geht es darum, zu klären, ob der Bieter in der Lage ist, die geforderte Leistung zu den angebotenen Preisen zu erbringen und ob die Qualität der Leistung dadurch nicht beeinträchtigt wird.
Was passiert, wenn der öffentliche Auftraggeber nach der Überprüfung des Angebots zu dem Schluss kommt, dass das Angebot unangemessen niedrig ist?
Im Vergaberecht gibt es die Regelung, dass öffentliche Auftraggeber Angebote ablehnen können, die unangemessen niedrig sind. Dazu muss der öffentliche Auftraggeber jedoch vorerst den Bieter auffordern, seine Preiskalkulation offenzulegen und zu erläutern. Der Bieter muss dann nachweisen, dass er in der Lage ist, die Leistung zu diesen Preisen zu erbringen und dass die Qualität der Leistung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Wenn der Bieter dies nicht nachweisen kann, dann kann der öffentliche Auftraggeber das Angebot ablehnen.
Gibt es auch andere Gründe, warum ein Angebot auffällig niedrig sein kann?
Ja, es gibt auch andere Gründe, warum ein Angebot auffällig niedrig sein kann. Zum Beispiel könnte der Bieter über eine spezielle Technologie oder Produktionsweise verfügen, die ihm ermöglicht, die Leistung zu einem niedrigeren Preis anzubieten als die Konkurrenz. Oder der Bieter könnte bereits über eine bestehende Infrastruktur oder Materialien verfügen, die er nutzen kann, um Kosten zu sparen.
Es ist wichtig zu betonen, dass ein niedriges Angebot nicht automatisch bedeutet, dass der Bieter nicht in der Lage ist, die geforderte Leistung zu erbringen. Wichtig ist auch, dass öffentliche Auftraggeber ihre Entscheidungen dokumentieren und nachvollziehbar begründen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.
Wenn ein Bieter das Gefühl hat, dass er unfair behandelt wurde oder dass seine Angebote falsch bewertet wurden, kann er den Rechtsweg einschlagen und eine Nachprüfung beim zuständigen Vergabesenat beantragen.