Kumpan Electric siegt gegen Vespa – Aussehen ist alles!?
05. September 2022 | Marken- und Wettbewerbsrecht, Urheber- und Medienrecht
Das weltweit bekannte Unternehmen Piaggio, welches die Rollerikone Vespa produziert, verliert einen Designrechtsstreit gegen das deutsche E-Roller Start-Up e-bility mit seinem Kumpan Electric. Piaggio warf e-bility insbesondere vor, das typische Vespa-Design kopiert zu haben, um damit eine bessere Marktakzeptanz zu erreichen. Die dritte Beschwerdekammer des Amtes der europäischen Union für geistiges Eigentum (kurz: EUIPO) erteilt dem Begehren Piaggios in der Entscheidung vom 8. August 2022 (Az. R 1663/2020-3) jedoch eine Absage. Die geschützten Geschmacksmuster (Designs) der Kumpan-Modelle sind somit weiterhin geschützt.
Anlass genug, einmal einen genaueren Blick in das „Designrecht“ zu werfen.
Geschmacksmuster (Designs)
Es existieren verschiedene Kategorien von Schutzrechten, mit denen materielle und geistige Schöpfungen rechtlichen Schutz erlangen können, wie insbesondere Patente und Marken sowie Geschmacksmuster (Designs).
Ein Design ist die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt.
Der rechtliche Schutz von Designs ist insbesondere für produzierende Unternehmen von besonderem Interesse, da die Optik der Produkte ein besonders wichtiges Unterscheidungskriterium zu Konkurrenzprodukten darstellt. Designs haben damit einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Absatzerfolg eines Produktes.
Europäische Entscheidung Piaggio gegen e-bility
Die e-bility ist Inhaberin eines eingetragenen Designs für einen Elektroroller.
Ein Design wird geschützt, wenn es neu ist und eine Eigenart hat. Piaggio stellte in Abrede, dass das Design der e-bility neu sei und eine gesonderte Eigenart aufweise. So warf Piaggio dem deutschen Unternehmen insbesondere vor, dass der Elektroroller das Design der Vespa Primavera von Piaggio kopiert und somit gegen die Exklusivitätsrechte verstoßen habe.
Begrifflich hat ein eingetragenes Design eine Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft.
Nach Auffassung des EUIPO weist das Design des e-bilitiy-Rollers und des Piaggio-Rollers derart viele Unterschiede auf, dass ein informierter Benutzer nach dem Gesamteindruck erkennen muss, dass es sich um zwei verschiedene Roller und Designs handelt.
Zu berücksichtigen war hierbei insbesondere, dass bei der Gestaltung eines Rollers bestimmte Grenzen wirken, welche die Gestaltungsfreiheit bei der Erstellung eines Designs begrenzen. Gewisse Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Rollern sind daher zwangsläufig – wie etwa, dass die in Streit stehenden Roller eine Sitzbank, Lenker, zwei Räder mit Schutzblechen, leicht gewölbtes Trittblech sowie ein zentral auf dem Lenker angebrachtes Tachoinstrument haben.
Das EUIPO beurteilte die bestehenden Details zwischen den gegenständlichen Designs derart unterschiedlich, sodass dem angegriffenen Kumpan-Design eine eigenständige Eigenart zugesprochen werden könne.
Im Ergebnis ist die Beschwerde von Piaggio unbegründet. Das angegriffene Design besitzt gegenüber den älteren Mustern demnach eine hinreichende Eigenart, verwendet nicht die ältere Marke und stellt keine unerlaubte Verwendung eines geschützten Werkes dar. Piaggio hat derzeit jedoch aber noch die Möglichkeit innerhalb von zwei Monaten Klage gegen diese Entscheidung zu erheben. In diesem Fall würde der Streit um das Design in nächster Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen. Es bleibt damit also weiter spannend!
Der Erfolg des deutschen Start-Ups gegen das Weltunternehmen Piaggio zeigt aber deutlich auf, dass die Gestaltungsfreiheit bei Designs begrenzt sein kann und es auf Detailunterschiede ankommt, welche den Gesamteindruck des Designs dann maßgeblich beeinflussen. Es lohnt sich daher immer ein zweiter Blick!
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