Update Urlaubsrecht – Verjährung von Urlaubsabgeltungs-ansprüchen
06. Februar 2023 | Arbeitsrecht
Der EuGH und das BAG haben pünktlich zum neuen Urlaubsjahr mit den in den vergangenen Wochen zum Urlaubsrecht ergangenen Entscheidungen erneut für viel Schwung gesorgt. Nachdem im Dezember zwei Entscheidungen zur Frage von Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen ergingen (siehe BAG: Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen), schließt sich der Kreis nun weiter in Bezug auf die Frage von Urlaubsabgeltungsansprüchen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 31.01.2023 (9 AZR 456/20) klargestellt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche der regelmäßigen gesetzlichen Verjährungsfrist von 3 Jahren unterliegen. Diese Frage war nach den Entscheidungen aus dem Dezember, die sich mit den Urlaubsansprüchen aus vergangenen Jahren im laufenden Beschäftigungsverhältnis befassten, noch offen. Bei der Urlaubsabgeltung geht es hingegen um einen rein monetären Anspruch für nicht gewährten Urlaub nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses.
Der Sachverhalt
Auslöser der Entscheidung war eine Fallgestaltung, in der einem Ausbildungsleiter einer Flugschule von 2010 bis 2014 sein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen nicht gewährt wurde. Ab Herbst 2015 war der Ausbildungsleiter als selbstständiger Dienstnehmer für die Flugschule tätig. Im August 2019 klagte der Ausbildungsleiter die Abgeltung der nicht gewährten Urlaubstage aus den Jahren 2010 bis 2015 ein. Die Flugschule wandte daraufhin Verjährung ein.
Die Entscheidung
Das BAG sprach dem Kläger die Abgeltung der Urlaubstage aus 2010 bis 2014 zu. Lediglich die Abgeltung der Urlaubstage aus 2015 verneinte es.
Regelmäßige Verjährungsfrist für Urlaubsabgeltungsansprüche
Das Gericht bestätigte zunächst, dass Urlaubsabgeltungsansprüche der regelmäßigen Verjährung unterliegen. Die Verjährungsfrist beginnt zum Ende des Kalenderjahres, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet.
Kehrtwende der Rechtsprechung maßgeblich für Beurteilung der Verjährung
Warum hat das BAG dem Kläger dann aber die Abgeltungsansprüche des Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 überhaupt zugesprochen? Hintergrund ist die Kehrtwende, die die deutsche Urlaubsrechtsprechung unter dem europäischen Einfluss in den letzten Jahren vollzogen hat. Als das Beschäftigungsverhältnis des Ausbildungsleiters im Herbst 2015 endete, hätte eine derartige Klage aufgrund der damals geltenden Rechtsprechung keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Damals ging die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass Urlaubsansprüche mit Ablauf des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums verfielen. Da der Kläger aber seine anteiligen Ansprüche aus dem Urlaubsjahr 2015 damals noch hätte geltend machen können, sprach das BAG dem Kläger nun nur die Abgeltung für die Jahre 2010 bis 2014, nicht aber für 2015 zu. Denn erst seit dem wegweisenden Urteil des EuGH vom 06.11.2018 zum Verfall des Urlaubs durfte der Kläger davon ausgehen, dass seine Abgeltungsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2014 noch nicht verjährt seien.
Auswirkungen
Im Gegensatz zu den Entscheidungen aus dem Dezember können Arbeitgeber sich bei der Beurteilung von Abgeltungsansprüchen daher auf die dreijährige Verjährungsfrist ab dem Ende des Beendigungsjahres berufen. Auf eine ordnungsgemäß ausgeübte Hinweispflicht des Arbeitgebers kommt es nicht an. Noch nicht geltend gemachte Urlaubsabgeltungsansprüche aus den Jahren vor 2018 dürften damit nun in aller Regel auch verjährt sein, wenn noch keine Klage erhoben wurde.
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